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Sport: SC Charlottenburg: Staub und Spritzen

Auf einmal verweigerte er die Arbeit, der linke Arm. Er ließ sich nicht mehr hochheben.

Auf einmal verweigerte er die Arbeit, der linke Arm. Er ließ sich nicht mehr hochheben. Dabei macht ein Volleyballer diese Bewegung in seiner Karriere tausende Male, beim Schmettern, beim Pritschen. Doch als Oliver Heitmann am vergangenen Dienstag in der Sporthalle von Rom trainierte, brachte er seinen Arm nicht nach oben. Die alten Rückenbeschwerden meldeten sich, zogen den Arm in Mitleidenschaft. "Die Blockade war ein bisschen höher als sonst, und es kamen Atembeschwerden dazu", sagt der Nationalspieler des Bundesligisten SC Charlottenburg (SCC). Der Physiotherapeut versuchte, den Wirbel einzurenken und Heitmann tauglich zu machen für das Champions-League-Spiel bei Ford B Gesu Rom. Vergeblich. Erst Mannschaftsarzt Stephan Temme konnte Heitmann zwei Tage später helfen, in Berlin. "Es hat gerumst beim Einrenken, dann war es sofort besser."

Anfang der Woche hat der 31-Jährige, der beim SCC schwer zu ersetzen ist, zwar schmerzfrei trainiert. Doch ob er heute gegen Iraklis Thessaloniki (19 Uhr, Sömmeringhalle) schmettern kann, ist fraglich. Zu oft dachte Heitmann in den letzten Monaten, die Rückenschmerzen seien überwunden - und prompt folgte ein Rückfall. Zwölf Spiele hat der SCC in dieser Saison bislang bestritten: Mittelblocker Heitmann spielte viermal; Anfang Oktober gegen Moers, Ende Oktober gegen Mendig, Anfang Dezember im letzten Satz gegen Istanbul und kurz darauf in Dachau. Dazwischen lagen Schmerzen und Spritzen.

Begonnen hat es vor Jahren, mit einem eingeklemmten Nerv, der eine Rückenblockade auslöste. Zwei- bis dreimal pro Saison fiel Heitmann regelmäßig aus - inzwischen ist daraus fast ein Dauerzustand geworden. Über die Ursachen kann er nur spekulieren, die Röntgenbilder geben keinen Aufschluss. Sie zeigen nicht, was ist, sondern nur, was nicht ist: Die Bandscheibe ist nicht betroffen, immerhin.

Extrem hart sei die Saisonvorbereitung gewesen, sagt Heitmann. Drei Monate lang trainierte der SCC zweimal täglich, ein intensives Sprungtraining inklusive, "das war für meinen Rücken sicher nicht nützlich". Auf Kniebeugen mit Gewicht verzichtet Heitmann schon seit Jahren. Inzwischen kann er auch keine Übungen mit dem Medizinball über dem Kopf mehr machen - zu rückenfeindlich. Selbst alltägliche Dinge wie langes Autofahren bekommen dem Charlottenburger nicht gut. Vor zwei Wochen fuhr er am Donnerstag privat nach Stuttgart, am Freitag zurück. Am Sonnabend ging es per Bus zum Bundesligaspiel nach Dachau, Sonntagnacht wieder nach Berlin. Zunächst hatte Heitmann keine Probleme, in Dachau spielte er sogar durch. Aber die Hoffnung auf ein Ende der Qualen erfüllte sich nicht. Mit zweitägiger Verzögerung, in Rom, rebellierte sein Rücken doch gegen das stundenlange Sitzen.

"Sein Ehrgeiz ist groß, und er stellt an sich und seine Partner auf dem Spielfeld hohe Ansprüche", heißt es im Saisonheft des SCC über Heitmann, der über hundert Länderspiele bestritten hat. Aber Ehrgeiz macht ihn nicht gesünder, er kann nur das tun, was sein Rücken zulässt. "Irgendwann hat man die Schnauze voll, das nervt", sagt Heitmann, "meine Wohnung sah aus, ich konnte nicht mal mehr Staub saugen."

Druck vom Verein komme hinzu, der sich in Aussagen äußere wie "es ist wichtig, dass du spielst". Dabei ist Heitmann gar nicht sicher, dass er der Mannschaft überhaupt helfen kann. Wie Thessaloniki hat der SCC in der Champions League beide Spiele verloren und braucht heute unbedingt einen Sieg. Doch Heitmann fehlt Spielpraxis, trainieren kann er nur eingeschränkt. Er ist ins Grübeln gekommen in den letzten Wochen. Dass er seine Karriere beendet, ist nicht ausgeschlossen. Die Rückrunde will er aber noch abwarten: "Vielleicht läuft es da ja besser."

Helen Ruwald

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