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FC Schalke 04 - VfL Bochum

© dpa

Schalke 04: Ein schnöder Aufstieg

Schalke hat sich an die Bundesliga-Tabellenspitze vorgespielt – damit aber nicht alle Probleme gelöst. Rafinha wird für seinen Olympia-Einsatz mit einer hohen Geldstrafe belegt.

Der Vorbau von Andreas Müller war in der Tat beeindruckend. In der Vorwoche war dem Manager des FC Schalke beim Ausparken seine Harley Davidson auf die Schulter gefallen – und so erschien der 45-Jährige zum kleinen Revierderby gegen den VfL Bochum mit einer gewaltigen, in blau gehaltenen Apparatur, die ihm die Ärzte fest um den Oberkörper geschnallt hatten. Es sah aus wie ein Tragegestell für Riesenbabys, auf dem allerdings kein Kindlein, sondern Müllers linker Arm ruhte.

Es dürfte also etwas eng geworden sein, als der Manager nach dem Schalker 1:0-Erfolg über Bochum in der Mannschaftskabine aufkreuzte und Olympia-Fahrer Rafinha ein Schreiben in die Hand drückte. Wegen des unerwünschten, vierwöchigen Trips zu den Olympischen Spielen, mit dem er laut Müller „mehrfach gegen seinen Vertrag verstoßen habe“, wird der Brasilianer von seinem Arbeitgeber nun zur Kasse gebeten. Angeblich liegt das Bußgeld im sechsstelligen Bereich, jedenfalls sprach der Manager von einer „empfindlichen Strafe, die jedem weh tun würde“. Der kleine Rechtsverteidiger aber sah recht vergnügt aus, als er am Sonnabend wortlos aus der Schalker Arena hastete. Wohl wissend, dass ihm sein Verband zugesichert hat, mögliche Strafen zu übernehmen. Wie auch der Bremer Diego ist Rafinha für die beiden WM-Qualifikationsspiele der Brasilianer in Chile (7. September) und gegen Bolivien (10. September) nominiert worden.

Die Schalker hoffen nun, dass ihr Abwehrmann auch rechtzeitig zum Spiel in Dortmund am 13. September wieder zurück ist. Denn Rafinhas Kurzbesuch im Revier war ausgesprochen hilfreich: Weniger beim deprimierenden 0:4 in der verhunzten Champions-League-Qualifikation bei Atlético Madrid, als der Brasilianer die letzten 24 Minuten auf dem Platz stand. Sondern durch seine mustergültige Flanke auf den Kopf von Heiko Westermann in der ersten Halbzeit des Bochum-Spiels: Dank Westermanns zweitem Saisontreffer können die Schalker – zumindest auf nationalem Niveau – kümmerliche Stürmerleistungen wie die von Kevin Kuranyi oder dem zum unbrauchbaren Linksaußen umgemodelten Ivan Rakitic verkraften. So haben sie sich vorübergehend an die Spitze der Liga gemogelt, was Trainer Fred Rutten nach dem Madrid-Debakel ehrlicherweise als zwar wenig reizvolle, aber immerhin gelungene Vergangenheitsbewältigung wertete.

„Wir haben heute kein Superspiel gemacht“, sagte Rutten. Er verteilte nach dem „Sieg unserer ganzen Kabine“ in erster Linie gute Haltungsnoten: „Wir haben von der Psyche und vom Charakter her ein gutes Spiel gemacht.“ Fußballerische Klasse mag sich zu dem akzeptablen Punktestand hinzugesellen, wenn Ruttens kostspielige Einkäufe Jefferson Farfán und Orlando Engelaar nach der zweiwöchigen Länderspielpause wieder vollends genesen sind. Jermaine Jones jedenfalls war schon wieder fit. Er war selbst darüber erstaunt, wie schnell ihm Schalkes Ärzteschaft sein angerissenes Syndesmoseband geflickt hatte. „Ein medizinisches Wunder“, diagnostizierte Jones.

Jones kündigte seinerseits auch Wundertaten an: „Wir wollen in der Liga diesmal ganz oben angreifen.“ Ganz oben stehen sie ja jetzt schon, die Schalker – aber bestimmte Stilmittel beim Schalker Aufstieg empfand so mancher Bochumer dabei als Gräuel. So hatte Marcel Maltritz in den Sekunden vor dem Gelb-Rot für den Teamkollegen Christian Fuchs genau hingesehen und zugehört – und so zeterte der VfL-Kapitän hernach in Richtung Rafinha: „Wenn so ein kleiner Söldner ständig Verwarnungen für den Gegner fordert, macht mich das wahnsinnig.“ Dem kleinen Söldner, der am Samstag nicht nur auf die meisten Schiedsrichter- sondern auch auf die meisten Ballkontakte von allen Akteuren kam, war’s egal. Denn während Maltritz fluchte, war Rafinha längst unterwegs zum Flughafen. Und die Schalker können sich schon einmal den 12. und 15. Oktober vormerken: Dann spielt Brasilien wieder in der WM-Qualifikation.

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