zum Hauptinhalt
Koslowski

© dpa

Schalke 04: Mit dem Fahrrad zum Titel

Willi Koslowski war bei der letzten Schalker Meisterschaft 1958 dabei - als Fußballer und Bergmann.

Herr Koslowski, wie fiebern Sie dem Spiel am Samstag beim Schalker Erzrivalen Borussia Dortmund entgegen?

Das sind immer ganz besondere Spiele. So war es schon damals in der Oberliga West, als ich selbst noch dabei war. In der heutigen Zeit ist das noch viel intensiver geworden. Ganz speziell in dieser Situation, wo wir Meister werden können.

Glauben Sie, die Meisterschaft wird bereits an diesem Wochenende entschieden?

Ich werde dort sein und mir das Spiel anschauen, und ich glaube, dass wir gewinnen werden. Aber ich würde sagen, dass die Meisterschaft erst am letzten Spieltag entschieden wird. Meister in der Arena zu werden, das wäre natürlich toll.

Sie selbst standen in der bisher letzten Schalker Meistermannschaft von 1958. Wie sind Ihre Erinnerungen an diese Zeit?

Früher war das ja mehr Feierabendfußball, wir sind alle unserem Beruf nachgegangen. Wir haben uns drei oder vier Mal in der Woche nach der Arbeit getroffen und trainiert. Die meisten Spieler kamen noch mit dem Fahrrad. Früher gab es ja nur Vertragsspieler, und die ältesten haben maximal 320 Mark verdient.

Wie groß ist denn der Unterschied zwischen den heutigen Profimannschaften und den damaligen Teams?

Von der Technik waren wir genauso gut wie die Spieler heute. Heute ist alles schneller und intensiver, weil die Mannschaften viel öfter trainieren und die Spieler nebenbei nicht mehr arbeiten müssen.

Ging es damals weniger hektisch zu?

In der Oberliga West auf jeden Fall. Nach den Spielen, die immer sonntags stattgefunden haben, sind wir immer in die Gastwirtschaft von Ötte Tibulski gegangen. Da standen die Fans mit uns an der Theke und haben mit den Schalker Spielern, dem Gegner und den Schiedsrichtern ein paar Pilsken getrunken. Manchmal haben sie sich auch über uns geärgert, aber selten. Dann ist es auch schon mal drei Uhr morgens geworden.

Und Sie waren immer pünktlich auf der Arbeit am Montagmorgen?

Da gab es keine Probleme, wenn man später kam. Der Chef hatte Verständnis. Ich war fast 30 Jahre lang in der Glashütte gleich gegenüber der Glückauf-Kampfbahn, unserem damaligen Stadion, beschäftigt. Da waren ja einige Spieler von uns, zwischen 20 und 30 Mann.

Sie sind doch gelernter Bergmann?

Das stimmt, das habe ich gelernt. Aber als mir mein Steiger auf der Zeche Hugo keinen Urlaub für einen Lehrgang der Nationalmannschaft geben wollte, bin ich gewechselt. Der Ernst Kuzorra hat da mitgeholfen, dass war der persönliche Freund vom Direktor. Der Steiger interessierte sich einfach nicht für Fußball und war ziemlich stur.

Warum ist Schalke 04 seit 1958 nicht mehr Meister geworden?

Schalke stand auch zu meiner Zeit schon immer in der Zeitung, weil es des Öfteren Turbulenzen gab. Vielleicht hat das eine Rolle gespielt. In den letzten Jahren, seit Assauer, ist es hier aber ruhig geworden, es wird seitdem gut gearbeitet.

Vor sechs Jahren waren die Schalker lediglich „Meister der Herzen“. Wie sehr haben Sie damals gelitten?

Da waren wir alle sehr geknickt, und es ist schon die eine oder andere Träne geflossen, weil die Mannschaft es verdient gehabt hätte. Schade.

Seit Ihrem Titelgewinn hat sich viel im Fußball verändert. Gefällt Ihnen das?

Das ist schon in Ordnung, dass sich die Spieler voll auf Fußball konzentrieren können und dass sie mehr verdienen. Von ihnen wird ja auch viel mehr erwartet. Wir sind ja erst zweieinhalb Stunden vor einem Spiel mit dem Bus losgefahren. Heutzutage ist alles viel professioneller geregelt.

Sie sind 70 Jahre alt und arbeiten noch auf Schalkes Geschäftsstelle. Sie kümmern sich um Behördengänge einiger Spieler. Warum genießen Sie nicht Ihren Ruhestand?

Mein Leben hat sich immer um Schalke 04 gedreht. Ich muss ehrlich sagen, ich freue mich jeden Morgen, wenn ich einigermaßen gesund bin und nach Schalke fahren kann. Das mache ich jetzt schon seit 26 Jahren.Wer hier einmal gespielt hat, der kommt immer gerne zurück.

Das Gespräch führte Jörg Strohschein.

Willi Koslowski, 70,
holte 1958 mit dem FC Schalke 04 den Meistertitel. Als Nationalspieler nahm er an der WM 1962 teil. Heute arbeitet er in der Schalker Geschäftsstelle.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false