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Sport: Schaulaufen verboten

Die olympische Philosophie des neuen Eishockey-Bundestrainers Uwe Krupp

Berlin - Uwe Krupp wirkt in jüngster Zeit ernster als früher. Als er am Donnerstag bei den Berliner Eisbären vorbeischaute, sagte er Dinge wie: „Bei Olympia wird es sehr hart für uns“. Er findet die deutschen Worte jetzt schneller als noch vor einem Jahr. Die 17 Jahren in Nordamerika geschuldete englische Färbung in der Sprache ist verschwunden, dafür verrät manches Wort den Geburtsort: Krupp, ein Junge aus Köln, der einst auszog, um in der National Hockey League (NHL) zu zeigen, dass auch deutsche Profis etwas können. „King Kong“ haben sie den groß gewachsenen Verteidiger in der NHL genannt. Krupp war geachtet, hat 810 Spiele in der besten Eishockey-Liga der Welt gemacht, zwei Titel geholt. „King Kong“ – davon ist wenig übrig geblieben, hat der 40-Jährige doch den schwierigsten Posten im deutschen Eishockey: Er ist Bundestrainer.

In dieser Funktion muss er mit viel Kritik leben. Das Nationalteam ist unter Greg Poss in die Zweitklassigkeit abgestürzt. Krupp wurde im Sommer 2005 vom Deutschen Eishockey-Bund (DEB) schon als neuer Cheftrainer verkündet, dann kam es anders: Poss blieb, Krupp wurde Kotrainer. Im Dezember verschwand Poss dann zu den Mannheimer Adlern – und ließ den Mann mit dem Mittelscheitel zurück: den erfolgreichsten deutschen Spieler, aber einen Trainer ohne Erfahrung. Mancher im deutschen Eishockey fühlte sich da übergangen. Dieter Hegen etwa. Der Trainer des EV Duisburg ärgerte sich darüber, „dass man mich nicht einmal gefragt hat“. Auch der Kanadier Pierre Pagé, bei den Berliner Eisbären ein Förderer des deutschen Nachwuchses, war sauer: „Die können mich von der Liste streichen.“ Auf der Liste hatte der DEB ihn nie, Pagé hatte sich selbst als Bundestrainer ins Gespräch gebracht. Für Unruhe sorgte zudem, dass Krupp auf die Hilfe prominenter Trainer aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) verzichtete und Ernst Höfner zum Kotrainer machte. Ausgerechnet Höfner, der beim U-20-Team Chef von Kotrainer Krupp war.

Krupp will über Personalfragen nicht diskutieren. Auch nicht darüber, dass ihm angekreidet wird, dass er seinen Hauptwohnsitz in den USA hat. Doch der Pendler Krupp ist nun Bundestrainer und einer, „bei dem der Boden bebt, wenn er die Kabine betritt“, wie DEB-Sportdirektor Franz Reindl sagt. So viel Respekt hätten die Spieler vor dem ehemaligen Spieler, der nun das Nationalteam aufstellen darf – und das gleich bei den Olympischen Spielen. „Das ist kein Schaulaufen“, sagt Krupp, „in Turin haben wir die Chance, uns auf der internationalen Bühne zu präsentieren.“ Nach seinem Debüt als Cheftrainer beim Spiel gegen ein DEL-Allstar-Team hat Krupp nur die Spiele in Österreich am 8. und am 11. Februar in Köln gegen Russland zur Vorbereitung.

Besonders auf die sieben in der NHL tätigen Profis wird es wohl ankommen. Sieben? So viele Deutsche waren noch nie in der NHL. Natürlich haben die olympischen Vorrundengegner Tschechien, Kanada und Finnland noch besser einzuschätzendes Personal. Aber die Schweiz und Italien? Die sind zu bezwingen, als Gruppenvierter hätte Deutschland das Viertelfinale erreicht. Krupp sagt aber: „Das ist eine heiße Kiste. Theoretisch sind wir besser als die Schweiz. Aber im Sport gewinnt nicht immer die bessere Mannschaft.“ Selbst Italien sei als Gastgeber nicht zu unterschätzen. Vor einem halben Jahr hatte Krupp noch gesagt, dass sich die Deutschen notorisch unterschätzen würden: „An einem guten Tag können wir jeden schlagen, wenn das Teamwork stimmt.“

Haben ein paar Spiele als Kotrainer beim Nationalteam gereicht, um aus dem amerikanisch-positiv denkenden Krupp einen nationalen Tiefstapler zu machen? Schon die Nominierung des Olympia-Kaders sei nicht einfach für ihn, antwortet er. „Der Wettbewerb um die Plätze ist groß, weil wir viele gute Spieler haben.“ Und als er darauf angesprochen wird, dass Berlins Trainer Pagé gesagt hat, Deutschland könne in ein paar Jahren Weltmeister werden, da zuckt doch ein Lächeln über Krupps Gesicht. „Wenn der Pierre das sagt, werde ich mich nicht mit ihm streiten. Wir Deutschen können alles, wenn wir nur wollen.“ Da sprach „King Kong“ – und der Bundestrainer.

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