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Sport: Schnapsglas im Strafraum

Schiedsrichter Amerell über Gegenstände auf dem Platz

NACHSPIEL

Es geschah in Hannover: Stuttgarts Torwart Timo Hildebrand hebt einen Gegenstand auf, der vor sein Tor geflogen ist, und übergibt ihn Schiedsrichter Stefan Trautmann. Es ist ein Schnapsglas. Welche Folgen hat dieser ungewöhnliche Fund, Herr Amerell? Und darf Schiedsrichter Trautmann das Glas behalten?

Nein, die Gegenstände werden nach dem Spiel in den Müll geworfen. Es gibt beim Deutschen Fußball-Bund keine Asservatenkammer. Früher haben die Schiedsrichter gefährliche Gegenstände wie ein Messer eingeschickt, aber das ist vorbei. Man gibt den Gegenstand dem vierten Mann, der reicht ihn an den Ordnungsdienst oder die Polizei weiter. Der Schiedsrichter muss den geworfenen Gegenstand identifizieren und ihn in seinem Spielbericht vermerken. Danach befasst sich der Kontrollausschuss damit. Oft zieht das drakonische Strafen für den Heimverein nach sich, denn so ein Wurf könnte drastische Folgen haben, wenn sich ein Spieler oder Schiedsrichter verletzt. Es kann übrigens auch der Gastverein bestraft werden, wenn sich herausstellt, dass der Gegenstand aus dem Gästeblock flog.

Wenn während des laufenden Spiels ein gefährlicher Gegenstand auf den Platz geworfen wird, kann der Schiedsrichter das Spiel unterbrechen und eine Durchsage veranlassen. Wenn weiter Gegenstände auf das Spielfeld fliegen, kann er das Spiel sogar abbrechen. Beim Spiel Kaiserslautern gegen Düsseldorf in der Saison 77/78 ist das nach einem Flaschenwurf passiert. Das Spiel wurde dann gegen den Heimverein Kaiserslautern gewertet. Der Schiedsrichter muss jedoch genau abschätzen, ob die Sicherheit der Akteure auf dem Platz tatsächlich nicht mehr gewährleistet werden kann. Wenn es nämlich Schule macht, dass man Spielergebnisse auf diese Weise von außen beeinflussen kann, ist es das Ende des Fußballs.

Gott sei Dank ist das in der Bundesliga viel besser geworden. Früher kam viel mehr von den Rängen. Feuerzeuge, Münzen, Messer – da sind ganze Küchengarnituren geflogen. Doch nun passen die Ordnungskräfte besser auf. Auch das Verbot von Flaschen und Gläsern im Stadion hat geholfen. Davon profitieren auch die Zuschauer. Man braucht nicht mehr so viele Zäune, die Fans rücken wieder näher ans Spielfeld. Wenn dann doch ein Zuschauer ein Schnapsglas wirft – dann ist das einfach nur peinlich.

Manfred Amerell erklärt im Wechsel mit Hellmut Krug eine aktuelle Szene des Bundesliga-Spieltages. Amerell ist Mitglied im Kontrollausschuss des DFB.

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