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Sport: Schnell in die Werkstatt

Das Formel-1-Auto von McLaren-Mercedes macht viel Tempo – und viel Ärger

Ron Dennis flüsterte fast. Wer nicht direkt neben ihm stand, der bekam nicht mehr mit, was der McLaren-Teamchef vor dem Motorhome vom McLaren-Mercedes sagte: „Wir sind weiter am Aufstieg, und der Gipfel ist zu sehen. Aber der Weg ist steiler geworden.“ Dann verschwand er in dem mobilen High-Tech-Bau seines Teams. Er hatte die Nase voll, er war frustriert. Ein Pfennigteil hatte sein Millionen-Unternehmen aus der Spur gebracht. Ein kleines Ventil am Hydrauliksystem war kaputtgegangen, eines der preiswertesten Einzelteile in dem sündhaft teuren Formel-1-Auto von Kimi Räikkönen. In der 35. Runde war der Finne beim Großen Preis von Deutschland liegen geblieben. Bis dahin war er dem Feld mit riesigem Vorsprung davongeeilt.

Aber es geht auch um den symbolischen Schaden, und der könnte viel größer sein. McLaren-Mercedes ist in dieser Saison in einer kuriosen Doppelrolle: glänzender Sieger und tragischer Verlierer. Das Team hat für 2005 ein Auto gebaut, das der Konkurrenz überlegen ist. Räikkönen hatte vor dem Rennen in Hockenheim geschwärmt: „Das Auto ist so gut, dass du sogar dann schnell bist, wenn es sich überhaupt nicht schnell anfühlt.“

Räikkönen hat schon in Spanien, Monaco und Kanada gewonnen, sein Teamkollege Juan Pablo Montoya in Großbritannien. In Hockenheim setzte sich Räikkönen im Qualifying auf Platz eins, Montoya verpasste einen Platz in der ersten Startreihe nur durch einen Fahrfehler in der letzten Runde. In der Chefetage von Mercedes, noch mehr aber im Mutterkonzern Daimler-Chrysler, saugten sie die Nachrichten förmlich auf. Sie waren die Antwort auf den Hohn und Spott der Vergangenheit. Auf die Zeiten, in denen die McLaren-Mercedes peinlich oft liegen blieben oder sogar in Flamen aufgingen. 2004 landete McLaren-Mercedes in der Konstrukteurswertung auf Platz fünf. Das ist so, als würde der FC Bayern München die Bundesligasaison auf Platz zwölf beenden.

Aber diese Dominanz vermischt sich mit anderen Nachrichten. In Imola stoppte Räikkönen, auf Platz eins liegend, ein gebrochener Antriebsstrang, auf dem Nürburgring brach ihm in der letzten Runde die Vorderradaufhängung, in Frankreich und England mussten vor dem Rennen defekte Motoren gewechselt werden. Strafe: jeweils zehn Startplätze zurück, das Ende aller Siegeschancen.

Da nützt es wenig, dass Mercedes- Sportchef Norbert Haug sagt: „Wir haben bei den Tests sehr viele Kilometer absolviert, da ist nie etwas kaputtgegangen.“ Und es nützt auch wenig, dass Haug sagt: „Wenn Kimi es in diesem Jahr nicht schafft, dann wird er nächstes Jahr wieder angreifen.“ Es geht quasi um die gefühlte Temperatur. Der McLaren-Mercedes, ein extrem schnelles Pannenauto – dieser Eindruck könnte entstehen. „Die Marke Mercedes lebt von ihrer Zuverlässigkeit. Wenn es in diesem Punkt Schwierigkeiten gibt, dann ist das schlecht für den Verkauf von Autos", sagt Joachim Lange, Geschäftsführer der Marketing-Agentur Prism. Norbert Haug weiß das. „Wir müssen genauso zuverlässig werden, wie wir schnell sind“, sagt er. Mit anderen Worten: extrem zuverlässig.

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