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Sport: Schneller erholt

Bremen schlägt Bayern im Ligapokal, weil Werders Nationalspieler die WM besser verarbeitet haben

Es war ja nicht zu verhindern. Man hätte wahrscheinlich darauf wetten können, dass am traditionellen Tag der Fans, den gestern Tausende entrückter Werder- Fans bei strahlendem Sonnenschein auf dem Areal am Osterdeich zelebrierten, wieder der übliche Singsang erklingen würde. „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“ Und das mit Inbrunst. Der Evergreen, der gestern in Bremen zu vernehmen war, hatte am Tag zuvor auch schon seine akustische Runde durch das fast voll besetzte Leipziger Zentralstadion gemacht. Mit 2:0 (1:0) hatte der Vizemeister Werder Bremen den Rekordmeister und Rekord-Ligapokalsieger Bayern München bezwungen – und irgendwie fanden die meisten der 41 300 Zuschauer den Triumph des Herausforderers richtig gut.

Großen ausgelassenen Jubel inszenierten die Sieger nicht, aber einige markige Sprüche ließen sich die grün-weißen Protagonisten dann doch entlocken. „Schön, dass wir die Bayern geschlagen haben“, sagte etwa Torsten Frings. „Nun ist es wichtig, die richtige Schale in den Händen zu haben.“ Will heißen: Werder will mehr. Bewertet man die Eindrücke aus dem Ligapokal, dann gilt: Bremen, mit dem Kameruner Pierre Wome und dem Portugiesen Diego offenbar bestens verstärkt, hat einen Kader zusammen, der in Qualität und Quantität vielversprechend ist. „Die Bayern bleiben der logische Favorit“, sagt Sportchef Klaus Allofs, „aber da liegen keine Welten mehr dazwischen.“ Alle würden von einem Signal an die Liga reden, „ich glaube“, fuhr Allofs fort, „ dass dieses Zeichen gar nicht notwendig ist: Wir hatten auch vor der Partie keine Komplexe“.

Gemeinhin galt ein Sieg im Ligapokal als Fluch für die Bundesliga. Werder wertet das nun anders. „Der Abstand hat sich verkleinert“, empfand Allofs. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagte Ivan Klasnic, der mit seinen beiden Toren gegen Oliver Kahn der entscheidende Mann war. Noch mehr Applaus als Klasnic heimste vom lange lethargischen Leipziger Publikum nur Miroslav Klose ein: Der WM-Torschützenkönig wirkte so wundersam giftig und spritzig, dass nicht nur Allofs mittlerweile vermutet, der rastlose Angreifer habe gar keinen Sommerurlaub gemacht. „Er ist kein Typ, der sich drei Wochen in die Ecke legt“, sagte Allofs, „der hat auch im Urlaub einen unglaublichen Bewegungsdrang.“ Und die starke Frühform? „Eine WM zu verarbeiten, ist eine mentale Angelegenheit“, erläuterte Allofs,, „bei Torsten Frings und Miro Klose sieht man einfach, dass sie sich auf die Arbeit im Verein gefreut haben.“ Wenn jetzt noch Frank Fahrenhorst dem Tauschgeschäft mit Hannover 96 zustimmt und Per Mertesacker den ausgehandelten Millionen-Vertrag an der Weser unterschreibt, wähnt sich der Sportdirektor auf bestem Wege.

Es gibt also genug Gründe, dass der nach dem Spielverlauf logische Ausgang des Ligapokalfinales als verlockender Ausblick auf die Bundesliga taugen könnte. „Wir überschätzen das nicht“, versicherte Klubchef Jürgen Born, „denn den Bayern standen die Strapazen der Japan-Reise ja auf die Stirn geschrieben.“ Doch zur bremischen Lockerheit an diesem Tag trug der Triumph ein Gutteil bei: Dutzendweise ließen sich die Kicker Hotdogs mit Senf in den Bus reichen.

Wer im Bauch der Leipziger Arena in diesem Moment um die Ecke bog und in den Mannschaftsbus der Münchner blickte, der sah lauter mürrische Gesichter. Manager Uli Hoeneß hockte sichtlich genervt rechts auf dem Beifahrersitz, vielleicht war er auch nur erschrocken über den Gegensatz von erstarkten Bremern und müden Bayern. Zuvor hatte er einige Sätze in die Mikrofone gesprochen, die inhaltlich so leer wirkten wie die Vorstellung der wegen akuter Mattheit ausgewechselten Nationalspieler Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski. Mehr könne man derzeit nicht erwarten, meint Trainer Felix Magath, am kommenden Freitag zum Bundesligaauftakt gegen Borussia Dortmund will er genau hinschauen, „wer 90 Minuten Bundesliga bestehen kann“. Eine leise Drohung an manchen Nationalspieler?

Haben Hoeneß und Magath Recht, dann halten in München – anders als in Bremen – die Nachwirkungen der Weltmeisterschaft noch eine Weile an; dann wird der FC Bayern erst Ende August in Form sein, „alles andere wäre ein Wunder“, bellte der Münchner Manager. Und zornig wurde Hoeneß gar, als wegen des sichtbaren Vakuums im Mittelfeld die Frage nach Michael Ballack aufkam. „Aberwitzig ist das!“, schimpfte Hoeneß. „Ich lache mich tot, wenn ich diese Fragen höre. Das ist Schwachsinn. Er ist weg und damit basta.“

Eine sachliche Antwort blieb aus. Auf dem Platz hatte sie zuvor auch kein Roque Santa Cruz, kein Bastian Schweinsteiger, kein Julio dos Santos und kein Ali Karimi gegeben. Nun bleibt den Bayern noch ein Test für ihr neues Mittelfeld: Am Dienstag gegen 1860 München.

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