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Testjubel. Patrick Ebert (l.) freut sich über sein 1:0, als wär’s der Ernstfall. Foto: Reuters

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Sport: Schön, dass ihr vorbeigeschaut habt

Berlin sonnt sich im Glanz des internationalen Fußballs – auch die Fans freut’s trotz des 1:3

Berlin - Nach einer guten Viertelstunde wurde Hertha BSC richtig mutig. Zumindest ein paar Fans in der Ostkurve. „In Europa kennt euch keine Sau“, sangen sie, doch die kleine Provokation gegen den Widersacher aus Spanien lief schnell ins Leere. Der dünne Chor verebbte ohne größere Resonanz auf den Rängen. Zu Häme gegen Real Madrid bestand auch wenig Anlass. Hertha, der Aufsteiger in die Fußball-Bundesliga, konnte das Testspiel gegen den spanischen Rekordmeister zwar eine gute halbe Stunde offen gestalten und sogar in Führung gehen, am Ende aber endete die Vorbereitung der Berliner auf die neue Saison mit einer 1:3 (1:2)-Niederlage gegen Real, nach Toren von Patrick Ebert für Hertha und Cristiano Ronaldo sowie zweimal Karim Benzama für Real. „Es war lange ein sehr ordentliches Spiel von uns“, sagte Herthas Trainer Markus Babbel. „Aber wir müssen die leichten Fehler vermeiden.“

Vier Tage vor dem Pflichtspielauftakt im Pokal gegen Meuselwitz hatte Babbel drei seiner vier Neuzugänge von Beginn an aufgeboten. Für Thomas Kraft, Andreas Ottl und Tunay Torun mussten der verletzte Maikel Aerts, Peter Niemeyer und Raffael aus der Stammelf der vorigen Saison weichen. Maik Franz, der vierte Neue, gehörte wegen Oberschenkelproblemen nicht zum Kader, könnte aber bald gebraucht werden, weil Roman Hubnik mit einer Mittelfußverletzung ausgewechselt werden musste.

Torhüter Kraft verlebte zunächst einen angenehmen Spätnachmittag im ausverkauften Olympiastadion. Die Sonne wärmte ihm den Rücken; viel zu tun bekam er nicht. Die Spanier wirkten genau wie das, was sie in diesen Tagen und Wochen sind: eine Mannschaft auf der Durchreise. Cristiano Ronaldo schien das Testspiel wohl vor allem dazu nutzen zu wollen, ein paar neue Tricks mit dem Ball einzustudieren, die man dann in Kürze an der Playstation nachspielen kann. Sein effektiver Beitrag zum Spiel blieb anfangs arg überschaubar. Bei einem seiner ungezählten Dribblings blieb der Portugiese sogar an Manuel Gräfe hängen. Dem Schiedsrichter.

Dass Ronaldo auch anspruchsvollere Hindernisse zu überwinden vermag, zeigte er nach einer guten halben Stunde, als er einen Freistoß zum 1:1 ins Eck zirkelte. Bis dahin hatte Hertha sogar leichte Vorteile, obwohl Real vertragsgemäß mit einer durchaus realistischen Startelf angetreten war. Der sportliche Wert einer solchen Begegnung ist trotzdem schwer einzuschätzen. Wer weiß schon, ob eine High-Tech-Truppe ein derartiges Testspiel tatsächlich ernst nimmt?

Dass die Madrilenen immerhin nicht verlieren wollten, zeigten sie mit ihrem Zwischenspurt Mitte der ersten Halbzeit. „Da sieht man einfach ihre Qualität“, sagte Babbel. Seine Mannschaft hingegen sei nach dem Ausgleich „ein bisschen in eine Schockstarre verfallen“.

Nur drei Minuten nach dem 1:1 ließ Karim Benzema das 2:1 folgen: Weil Herthas defensives Mittelfeld José Maria Callejon bei seinem Pass in die Spitze allen Platz der Welt ließ, war der Treffer in letzter Instanz kaum noch zu verhindern. Trotz der individuellen Unterlegenheit hatten auch die Berliner ihre lichten Momente. Die erste Gelegenheit bot sich Pierre-Michel Lasogga, der Iker Casillas nach einem Ballgewinn im Mittelfeld mit einem Schuss aus 25 Metern auf dem falschen Fuß erwischte. Reals Torhüter konnte den Ball gerade noch zur Ecke lenken. Hertha versuchte es vornehmlich mit schnittigen Kontern, das Umschaltspiel funktionierte zeitweise sehr gut. Mit wenigen Kontakten durchmaßen die Berliner das Feld. So war es auch vor dem 1:0, als Lustenberger den Ball überlegt auf den Torschützen Patrick Ebert zurücklegte.

„Hertha hat sehr kompakt gespielt, mit einer sehr guten Strategie“, sagte Reals deutscher Nationalspieler Sami Khedira, der zur zweiten Hälfte aufs Feld kam. Punktuell sah es in der Tat schon ganz gut aus, was die Berliner nach vorne unternahmen, trotzdem kamen sie naturgemäß nicht zu Chancen en masse; genauso selbstverständlich war es, dass sie in der Defensive gelegentlich in Schwierigkeiten gerieten. Vor dem 1:3 direkt nach der Pause konnte Andre Mijatovic nicht mehr mit Sami Khedira mithalten; dessen feinen Pass verwertete Benzema zu seinem zweiten Treffer. Das Spiel war entschieden. Gegen Hertha. Aber das störte die Fans nicht im Geringsten. Die Welle kreiste durchs Stadion. Gegen Real zu verlieren ist manchmal genauso schön, wie gegen Paderborn zu gewinnen.

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