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Sport: Schön trifft nicht

Die EM hat ihre erste Überraschung: In der deutschen Gruppe verliert Holland sein Auftaktspiel gegen Dänemark trotz zahlreicher Chancen 0:1.

Zum Schluss kam es noch mal ganz dick. In der Nachspielzeit, als die letzte Ecke in den dänischen Strafraum flog, erst an die Schulter und dann an die Hand von Lard Jacobsen. Mit all der Intensität, mit der sie vorher das Tor berannt hatten, forderten die holländischen Spieler einen Elfmeter. Es gab aber keinen, und kurz danach war Schluss. Erstes Spiel, erste Sensation. Zur Premiere der Europameisterschaft in der Ukraine kassierten die Niederlande trotz einer Vielzahl bester Chancen eine 0:1 (0:1)-Niederlage gegen Dänemark. Michael Krohn-Dehli von Bröndby Kopenhagen schoss das Tor des Tages vor 34 900 Zuschauer im Metallurg-Stadion von Charkiw. Die Holländer stehen nun im zweiten Vorrundenspiel schon gewaltig unter Erfolgsdruck. Am Mittwoch geht es abermals in Charkiw gegen den Angstgegner Deutschland.

„Dieses Spiel müssen wir gewinnen. Das wird nicht einfach, aber es muss unser Ziel sein, und jeder weiß es“, sagte Trainer Bert van Marwijk. Seine Mannschaft hatte das Eröffnungsspiel der Gruppe B mit ihrem erdrückenden Offensiv-Talent zwar durchgehend dominiert. Schönheit allein aber gewinnt keine Spiele. Der Ball muss auch mal ins Tor gehen. „Aber es gibt Tage, da geht eben nichts“, sagte van Marwijk.

Für das Projekt Toreschießen hatte er zunächst auf Klaas-Jan Huntelaar verzichtet. Für den Schalker Bundesliga-Torschützenkönig war im von Bert van Marwijk favorisierten System mit einem Stürmer kein Platz. Den Job im Angriffszentrum bekam Robin van Persie. Dass es damit seine Richtigkeit hatte, hätte der Mann vom FC Arsenal schon nach ein paar Minuten zeigen können, als er weitgehend unbedrängt an den Ball kam, diesen aber ein paar Zentimeter neben den linken Pfosten setzte. Bei Ibrahim Afellays Drehschuss fehlte schon ein bisschen mehr, und dass van Persie kurz darauf mit seiner Flanke ausgerechnet dem kleinen Wesley Sneijder zum Kopfball-Glück verhelfen wollte, zeigte erwartungsgemäß ebenfalls keinen Erfolg.

Und Arjen Robben? Der Individualist vom FC Bayern hatte eine großartige Szene, als er Simon Poulsen den Ball in der Drehung um die eigene Achse durch die Beine spielte. Beim anschließenden Spurt Richtung Tor verzichtete er auf alle Eigensinnigkeit, aber sein Pass in die Mitte verfing sich im dänischen Dickicht.

Holland stürmte, Holland drängte, Holland hatte das Spiel im Griff – aber das einzige Tor schossen die Dänen. Ziemlich genau zur Hälfte der ersten Halbzeit. An der linken Strafraumecke fiel Poulsens abgerutschte Flanke eher zufällig vor die Füße von Michael Krohn-Dehli. Dieser ließ Mark van Bommel und John Heitinga mit einer Körpertäuschung ins Leere laufen, und als der Winkel zum Tor immer spitzer wurde, schob Krohn-Dehli den Ball einfach durch die Beine des herausstürzenden Maarten Stekelenburg. „Michael ist ein großartiger Spieler“, sagte Dänemarks Trainer Morten Olsen.

Die Dänen hätten den unverhofften Vorsprung beinahe durch eigene Fahrlässigkeit wieder hergegeben. Was hatte Torhüter Stephan Andersen bloß geritten, dass er den Ball völlig unbedrängt vor Robbens Füße spielte? Der Münchner zog in die Mitte, verzögerte geschickt und zirkelte den Ball auf die für ihn typische Weise mit dem linken Fuß an den Pfosten. Danach war wieder Afellay dran mit einem wuchtigen Schuss knapp über die Latte. Und van Persie rutschte der Ball nach Sneijders Zuspiel vom Fuß, was ihn wichtige Zentimeter kostete, sie fehlten beim anschließenden Schuss Richtung linke Ecke. Auf der anderen Seite hätten Niki Zimling, Christian Eriksen und Nicklas Bendtner auch ein zweites Tor für Dänemark nachlegen können.

Huntelaar blieb auch zum Beginn der zweiten Halbzeit draußen, aber seinem Konkurrenten van Persie war weiter kein Glück beschieden. Einmal rutschte er im Strafraum aus, beim nächsten Versuch bekam er nicht genug Druck hinter den Ball. Van Bommels Schuss drehte Andersen mit den Fingerspitzen um den Pfosten, der nächste von Afellay flog ebenso knapp links am Tor vorbei wie Heitingas Kopfball über die Latte. Auch Robbens Kopfball fand nicht das Tor, und langsam machte sich Ratlosigkeit breit im von den hohen Temperaturen aufgeladenen Stadionkessel. Holland spielte gut, aber Holland schoss kein Tor.

Zwanzig Minuten vor Schluss kam dann endlich Huntelaar für den glücklosen Afellay, zudem verstärkte Rafael van der Vaart (für Nigel de Jong) die ohnehin schon starke Offensive. Nach einem zauberhaften Pass Sneijders hatte Huntelaar gleich zweimal den Ausgleich auf dem Fuß, aber erst kam er nicht an Andersen vorbei und im Nachsetzen drosch er den Ball weit übers Tor.

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