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Sport: Schöne Aussichten

Zwischen WM und EM: Rudi Völlers Elf wird im Schloss Bellevue geehrt und trainiert für das erste Testspiel

Von Stefan Hermanns

Berlin. Gerhard Mayer-Vorfelder, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hatte dem Bundespräsidenten noch ein ganz besonderes Geschenk mitgebracht. Zumindest ließ die Verpackung darauf schließen. Unter dem blauen Geschenkpapier steckte dann aber nur die neue Imagebroschüre des Verbandes, in deren Vorwort Mayer-Vorfelder über den DFB schreibt: „Bis zur Stunde steht sein für Effizienz und Erfolg.“ Nach dem Auftritt der DFB-Elf bei der WM in Asien gilt das mehr als je zuvor.

Gestern durfte sich der Vizeweltmeister noch einmal feiern lassen für seine Effizienz und seinen – überraschenden – Erfolg. Die Spieler des WM-Kaders wurden im Schloss Bellevue von Bundespräsident Johannes Rau empfangen und erhielten dort, ebenso wie die Frauen-Nationalelf, das Silberne Lorbeerblatt, die höchste deutsche Auszeichnung für sportliche Leistungen. Die Trainerin des Frauenteams, Tina Theune-Meyer, sowie Bundestrainer Michael Skibbe und Teamchef Rudi Völler wurden mit dem Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Nach den „Richtlinien für die Ordensverleihung“ genügt für die Verleihung die normale Pflichterfüllung am Arbeitsplatz (…) beispielsweise nicht. Eine Ordensverleihung setzt immer besondere Verdienste um das Gemeinwohl voraus.

Niemand zweifelt daran, dass Völler diese Anforderungen erfüllt hat. Innerhalb von zwei Jahren hat er einen bemitleidenswerten Haufen namens Nationalmannschaft wieder in die internationale Spitze zurückgeführt, und mit den Erfolgen bei der WM hat sich Völler große Verdienste um das nationale Wohlbefinden erworben. Daher die Ehrung durch den Bundespräsidenten. „Schön“, sagte Völler, „wir freuen uns. Das ist natürlich eine tolle Sache.“ Andererseits sei er froh, „wenn die Normalität sich irgendwann wieder einstellt“.

Die Zukunft soll schließlich bald beginnen. Auf dem Weg dahin machte die Nationalelf gestern in Berlin noch einmal einen Abstecher in die Vergangenheit. Oliver Bierhoff, jetzt Ex-Nationalspieler, war gekommen, auch Marco Bode, jetzt Ex-Fußballer, und Thomas Linke, jetzt Nationalspieler nur bei Bedarf. Ihre Nachfolger fliegen heute nach Sofia, morgen bestreitet Völlers Elf gegen Bulgarien (20.45 Uhr/live im ZDF) das erste Spiel nach der WM und vor der EM-Qualifikation. „Die Normalität ist schon am Mittwoch“, sagt Völler. „Jetzt geht es wieder bei null los.“

Eigentlich geht es sogar bei minus eins los, denn die 18 Spieler, die nach Bulgarien reisen, stehen eher für die ferne Zukunft der Nationalmannschaft als für deren Gegenwart. Oliver Kahn und Jörg Böhme hatten Völler schon am Sonntag abgesagt, Torsten Frings und Oliver Neuville mussten gestern nach dem Training ihren Flug stornieren, und am Nachmittag kam aus England die Nachricht, dass Dietmar Hamann wegen einer Knieverletzung ebenfalls nicht zur Verfügung stehe. Völler nominierte daher die beiden Bremer Tim Borowski, 22 Jahre, null Länderspiele, und Fabian Ernst, 23 Jahre, ein Länderspiel.

Zehn der 18 Spieler im Kader sind damit 25 Jahre oder jünger, nur einer – Torhüter Jens Lehmann – hat bereits seinen 30. Geburtstag gefeiert. Vermutlich hat es noch nie ein DFB-Aufgebot gegeben, das jünger war als dieses. Rudi Völler sagt: „Wir müssen aufpassen, dass wir eine gesunde Mischung finden, zwischen Jung und Alt.“ Einfach dürfte das für ihn angesichts des Mangels an alten Spielern nicht werden.

Jammern wird darüber niemand, zumindest nicht bei einem Testspiel. Gerade zwei Jahre ist es her, dass in Deutschland ein Mangel an qualifiziertem Nachwuchs beklagt wurde. Jetzt gibt es plötzlich Arne Friedrich und Paul Freier, Christoph Metzelder, Sebastian Kehl und Daniel Bierofka. Oliver Kahn, der verletzte Kapitän, glaubt inzwischen wieder, „dass wir vor sehr, sehr guten deutschen Fußballjahren stehen“. So hört es sich auch bei Gerhard Mayer-Vorfelder an. In der neuen Imagebroschüre schreibt er, der Verband sei stolz auf seine Tradition „und stellt sich gleichzeitig immer wieder aufs Neue den Herausforderungen der Zeit“. Vermutlich mit Effizienz und Erfolg.

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