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Sport: Schöne Gewohnheit

Die deutschen Fußballerinnen werden in England wieder Europameister

Helle Frauenstimmen zählten gestern Nachmittag im Ewood Park schon die Sekunden bis zum Schlusspfiff des EM-Finales zwischen Deutschland und Norwegen mit. „Five, four, three“, kreischten sie. Dann durfte ihre Begeisterung heraus: Die deutsche Nationalmannschaft hatte gewonnen, 3:1, und ist zum vierten Mal in Folge, zum sechsten Mal insgesamt Europameister – bei bislang neun Turnieren.

So rannten die deutschen Ersatzspielerinnen in Blackburn jubelnd auf den Rasen, nahmen ihre Kolleginnen in Empfang, um gleich darauf zu ihrer ausscheidenden Trainerin Tina Theune-Meyer zu rennen. Die Erleichterung war offensichtlich, denn nichts war zu spüren gewesen von einer Erschöpfung der Skandinavierinnen nach ihrem aufreibenden Halbfinalsieg gegen Schweden. Die deutsche Innenverteidigerin Steffi Jones hatte es geahnt: „Die Norwegerinnen werden Gas geben, so lange sie ihre Füße tragen.“

Vor allem in der ersten Halbzeit waren die skandinavischen Beine noch frisch genug, um den Weltmeisterinnen ein ebenbürtiger Gegner zu sein. Ihre zarte Überlegenheit nutzten die Deutschen zwischen der 21. und 24. Minute aber trotzdem fix zu einer 2:0-Führung: Zunächst traf die 20-jährige Potsdamerin Anja Mittag aus kurzer Entfernung. Drei Minuten später verarbeitete Spielmacherin Renate Lingor ein Zuspiel von Britta Carlson : ein gefühlvoller Heber über Norwegens Torhüterin Bente Nordby – schon stand es 2:0.

Die Norwegerinnen brauchten nun ein wenig Zeit, um sich von dem Schreck zu erholen. Kurz vor dem Halbzeitpfiff hatten sie sich dann gefangen: In der 41. Minute gelang Stine Frantzen ein prächtiges Zuspiel auf ihre Sturmkollegin Dagny Mellgren, die diesen Pass angemessen zu würdigen wusste und auf 1:2 verkürzte. Die Elf um Torjägerin Birgit Prinz durfte sich glücklich schätzen, nicht sogar mit einem Remis in die Kabine schlurfen zu müssen: Zwei Minuten vor der Pause traf Frantzen ihrerseits ins Tor – allerdings aus Abseitsposition, wie die slowakische Schiedsrichterin Alexandra Ihringova entschied.

Nach dem Wechsel sammelten die Norwegerinnen die letzten Kräfte. Doch Birgit Prinz unterbrach sie dabei. Nach 62 Minuten waren ihr 20 Meter Entfernung zum Tor nah genug, um einfach zu schießen. Der abgefälschte Ball landete zum entscheidenden 3:1 im Tor.

Norwegen war geschlagen – und für Tina Theune-Meyer wurde der Nachmittag in Blackburn somit zum angemessenen Schlussakkord einer mit Titeln gepflasterten Karriere als Bundestrainerin. 1996 hatte die erste Frau im Land mit offizieller DFB-Trainerlizenz den Job von ihrem Vorgänger Gero Bisanz übernommen und mit ihren diversen Mannschaften in der Folge gewonnen, was es im Frauenfußball zu gewinnen gibt: zwei, jetzt drei EM-Titel, und 2003 als Krönung die WM in den USA. Allein olympisches Gold blieb der zurückhaltenden Fußballlehrerin aus Frechen vorenthalten.

Gestern durfte die ruhige Frau mit ihren Spielerinnen zum Abschied noch einmal die obligatorische Siegeszigarre qualmen. Und heute wird sie mit großer Genugtuung in das Leben nach dem Trainerinnenjob starten. Ihr Geld verdient Tina Theune-Meyer weiterhin beim DFB, im Ausbildungsbereich, allerdings nur noch mit einer Halbtagsstelle. Denn sie will jetzt mehr Zeit haben: um Sprachen zu lernen, Klavier zu spielen und Vulkane zu fotografieren.

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