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Sport: Schöne Überraschung

Tischtennisspielerin Struse schlägt Schöpp im Top-12-Finale

Frankfurt (Main). Die leeren Coachingplätze vermittelten eine etwas gespenstische Atmosphäre. Beim Tischtennis-Top-12-Endspiel der Damen in Frankfurt am Main hielten sich die Nationaltrainer fein heraus – schließlich machten die deutschen Nationalspielerinnen Jie Schöpp und Nicole Struse die Sache unter sich aus. „Das ist eine schöne Überraschung“, sagte der Cheftrainer der deutschen Nationalmannschaft, Dirk Schimmelpfennig. Das Finale selbst war dann ein wenig einseitig, mit 4:0-Sätzen gewann Nicole Struse das europäische Ranglistenturnier gegen ihre Kroppacher Mannschaftskollegin. „Nicole war eindeutig die Bessere. Sie hat gegen Abwehr einige sehr gute Instrumente“, sagte Schimmelpfennig.

Etwa 5000 Zuschauer in der ausverkauften Frankfurter Ballsporthalle mussten am Sonntag bei den Herren allerdings auf die deutschen Spieler verzichten. Timo Boll war schon am Samstag im Viertelfinale gegen den Russen Alexei Smirnow ausgeschieden. „In diesem Jahr ist alles auf Olympia ausgerichtet“, sagte Boll, der das Top 12 in den vergangenen beiden Jahren gewonnen hatte. Auch für seinen Teamkollegen Jörg Roßkopf aus Gönnern war gegen den Tschechen Petr Korbel am Samstag unter den besten acht Schluss. Wenigstens war Timo Bolls Tipp nach seinem Ausscheiden erfolgreich: Es setzte sich tatsächlich der junge Däne Michael Maze gegen Weltmeister Werner Schlager aus Österreich 4:1 durch.

Besonders bemerkenswert war jedoch, dass es Jie Schöpp wieder ins Finale geschafft hatte. Vor dem Endspiel linste sie immer wieder in die Halle, ob es schon Zeit sei zum Spielen. Sie wirkte entspannt. Aus der Ruhe kann die 36-jährige Abwehrspielerin kaum etwas bringen. Kurz vor dem Finale hielt sie auf der Tribüne hier noch ein Pläuschchen, schrieb dort noch ein Autogramm. „Sie strahlt eine unglaubliche Souveränität aus. In ihrem Inneren sieht es jedoch etwas anders aus“, sagt Schimmelpfennig. Seit 1994 ist die gebürtige Chinesin für Deutschland spielberechtigt – in ihrem Geburtsland hatte sie international keine Chance bekommen. In der deutschen Mannschaft nützt sie die nun seitdem umso konsequenter. „Bei drei Europameisterschaften blieb sie im ganzen Turnier in der Mannschaft ungeschlagen. Sie hat entscheidenden Anteil an zwei Titeln“, sagt der Bundestrainer. Auch bei den Team-Weltmeisterschaften im März in Katar ist sie dabei.

Das Top-12-Turnier der besten kontinentalen Spieler genießt aufgrund seines kräftezehrenden Modus einen hohen Stellenwert. Umso beachtlicher, dass Jie Schöpp mit ihrem läuferisch unglaublich aufwändigen Defensivspiel nach dem überraschenden Sieg im vergangenen Jahr wieder den Finaleinzug schaffte. „Abwehrspielerinnen kommen langsamer in ein Turnier“, sagte Schöpp nach dem Endspiel. Doch viel Eingewöhnungszeit bekam sie nicht. Gegen die weißrussische Verteidigerin Viktoria Pawlowitsch musste sie gleich in ihrem Auftaktmatch über die volle Distanz von sieben Sätzen gehen. „Das war körperlich unglaublich hart“, sagte Schöpp. Die Finalniederlage nach ihren Top-12-Siegen von 1994 und 2003 quittierte sie gestern nur mit einem lapidaren Lächeln. „Man muss wollen.“ Und sie will wohl noch eine ganze Weile: „Vielleicht bin ich sogar noch bei der WM in Peking 2008 dabei. Gerade macht es mir noch viel Spaß – und nach meinem Rhythmus bin ich mit meinem nächsten Top-12-Sieg erst wieder in knapp zehn Jahren dran.“

Klaus Teichmann

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