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Sport: Schönen Urlaub!

Die Eishockey-Nationalmannschaft steigt ab – dennoch stellen die Verbandsfunktionäre Bundestrainer Greg Poss nicht in Frage

Der Arbeitstag der wichtigen Herren des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) begann am Mittwoch früher als sonst. In Wien tagte der Verband am Rande der Weltmeisterschaft unter Leitung von Hans-Ulrich Esken. Der Präsident des DEB machte schon um 9 Uhr einen sehr geschafften Eindruck. „Viele Besprechungen“ seien schuld daran, dass er ein wenig außer Atem sei, sagte Esken. Viel schlimmer war jedoch das Ende seines Arbeitstages: die Nachricht nämlich vom 6:2-Sieg der Slowenen gegen Österreich in der Abstiegsrunde. Der bedeutet schließlich: das deutsche Eishockey ist nur noch zweitklassig. Die Deutschen waren nach ihrer 2:3-Niederlage gegen Dänemark auf ein Unentschieden oder einen Sieg der Österreicher angewiesen. Jetzt gibt es beim DEB viel zu besprechen.

Zum Beispiel die Zukunft von Bundestrainer Greg Poss, dem Architekten des schwachen deutschen Abschneidens in Österreich? „Nein, das ist kein Thema“, sagte Esken. „Wir bereiten uns in Wien auf den Kongress des internationalen Verbandes vor. Am Freitag ist die Vergabe über die Ausrichtung der Weltmeisterschaft im Jahr 2010. Ja, und wenn die Bewerbung erst einmal geschafft sei, dann ginge DEB-Sportdirektor Franz Reindl in den wohlverdienten Urlaub. Obwohl es da ja vielleicht noch ein kleines Problem zu erörtern gibt?

„Die Analyse der WM übernimmt unsere sportliche Abteilung, dafür ist Herr Reindl zuständig“, sagt Esken. „Und der ist ja dann erst einmal…“ Im Urlaub? „Richtig.“ Vor Reiseantritt hat Reindl noch gesagt, dass „der Posten von Greg Poss nicht zur Diskussion steht“. Vielleicht wird jedoch das jetzt hereingebrochene Elend nach dem Abstieg noch etwas an seiner Meinung ändern. Seine erste Reaktion lautete jedenfalls: „Der Abstieg ist ganz bitter und wirft alle unsere Planungen über den Haufen.“ Es gibt einige unerwünschte Nebeneffekte. Weil die B-WM bereits Mitte April, etwa drei Wochen vor der A-WM, stattfindet, muss die Deutsche Eishockey-Liga wahrscheinlich wie 1999 und 2000 ihre Playoffs unterbrechen. „Da müssen wir eine Lösung finden“, sagte Reindl.

Zur Leistung der Nationalmannschaft bei der WM sagt Esken: „Wir dürfen nichts schönreden. Wir haben alle Ziele bei der Weltmeisterschaft nicht erreicht.“ Greg Poss hat sich am Mittwoch schon in den Urlaub verabschiedet.

Vermutlich wird der US-Amerikaner in der Freizeit darüber nachdenken, was er in den vergangenen Monaten falsch gemacht hat. Im November fand in Hamburg das erste Spiel unter seiner Regie als Bundestrainer statt. Damals freuten sich die Zuschauer über eine mutige deutsche Mannschaft – auch wenn sie 1:5 gegen die USA verlor. Schließlich beruhigte Poss nach dem Spiel: „Ich habe gesehen, dass das neue Spielsystem funktionieren wird. Ich muss nur ein paar Umstellungen machen.“ Poss experimentierte weiter, mit einem Team, das unter Vorgänger Hans Zach fünf Jahre lang verteidigt und weniger gespielt hatte, mit dieser Taktik aber dreimal das WM-Viertelfinale erreichte. „In der Vorbereitung auf die WM hat das neue System gut geklappt“, sagt Poss nun.

Der ehemalige Nationalspieler Andreas Brockmann sagt: „Bei einer WM darfst du das System nicht zu kompliziert machen für die Spieler.“ Mit einer Vereinsmannschaft ließen sich Spielzüge in vielen Trainingseinheiten langfristig einstudieren. „Aber in einer zusammengewürfelten Truppe wie der Nationalmannschaft geht so etwas nicht“, sagt Brockmann. „Andere Nationen spielen daher viel einfacher als die Deutschen.“

Poss wiederum will Bundestrainer bleiben. Und Esken sagt, dass Poss bleiben kann. „Wir beabsichtigen nicht, den Vertrag mit ihm fristlos zu kündigen. Das wäre ja Schwachsinn.“ Trotzdem werden schon Vereinstrainer wie Pierre Pagé (EHC Eisbären) und Rich Chernomaz (Frankfurt) als neue Bundestrainer gehandelt. Den DEB interessiert das nicht. „Wir beschäftigen uns später mit dem Thema“, sagt Esken. Die Bewerbung für die Weltmeisterschaft 2010 ist Hans-Ulrich Esken in jedem Fall wichtiger.

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