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Sport: Schüler oder Vollprofi

Der beste deutsche Schach-Nachwuchsspieler Arkadij Naiditsch muss sich entscheiden

Dortmund. Eigentlich sollte Arkadij Naiditsch nach den Sommerferien in die zwölfte Klasse gehen. Doch er weiß noch nicht genau, wie es mit ihm weitergehen wird. „Ich überlege, eine Auszeit zu nehmen", sagt er. Vor sieben Jahren zog seine Familie mit ihm von Riga nach Dortmund. Im Mittelpunkt seines Lebens steht nur eines: Schach. Mit elf Jahren war er Vizeweltmeister seiner Altersklasse, schon mit 15 wurde er Großmeister. Garry Kasparow, beispielsweise, war älter, als er diesen Titel gewann. Mittlerweile ist Naiditsch 17 Jahre alt und gilt nach wie vor als größte deutsche Nachwuchshoffnung. Bis zum Sonntag misst er sich bei den Dortmunder Schachtagen mit der Weltelite. Danach will er sich überlegen, ob er die Schullaufbahn abbricht und Vollprofi wird.

In der vierten Runde besiegte Naiditsch den ein Jahr jüngeren und noch höher eingeschätzten Teimour Radjabow in einer chaotischen Partie. Doch nach zwei klaren Niederlagen gegen Ex-Weltmeister Viswanathan Anand und den überraschend führenden Viktor Bologan teilt sich Naiditsch mit WM-Kandidat Peter Leko zurzeit den letzten Platz.

Naiditsch hat schon mehr gewonnen als andere Meister in ihrem ganzen Leben. Was ihm aber offensichtlich noch fehlt, ist Erfahrung. Fast drei Monate hatte er sich auf seine fünf Gegner in Dortmund vorbereitet, täglich sechs Stunden. Im Duell mit Bologan wählte Naiditsch erstmals den aggressiven Marshall-Angriff der spanischen Partie. Ein weites Theoriefeld, hier lauern neue Züge zuweilen erst im 30. Zug. Sicherlich hatte sich Naiditsch mit all diesen langen Varianten beschäftigt. Doch der erfahrene Bologan verspürte keine Lust, ihm die Hausaufgaben abzufragen, sondern brachte schon im 15. Zug eine Überraschung: ein Damenmanöver, das seit Jahrzehnten eigentlich als minderwertig gilt. Naiditsch kam ins Grübeln. In der Enzyklopädie der Schacheröffnungen wird diesem Zug bloß eine Fußnote gewidmet und auf das überzeugende Gegenmittel eines gewissen Helmut Pfleger aus dem Jahr 1961 verwiesen. Doch warum spielte der 17-jährige Naiditsch anders als der damals 18-jährige Pfleger? „Ja, Läufer g4 war die Alternative, aber ich dachte Läufer e6 wäre auch gut. Mein entscheidender Fehler war erst: Turm schlägt b3“, sagte Naiditsch.

Bologan – Naiditsch: 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0–0 8.c3 d5 9.exd5 Sxd5 10.Sxe5 Sxe5 11.Txe5 c6 12.d4 Ld6 13.Te1 Dh4 14.g3 Dh3 15.Df3 Le6?! (Genauer ist wohl 15...Lg4 16.Dg2 Dh5, z.B. 17.Le3 Lf3 18.Df1 f5 19..Sd2 f4, mit schwarzem Vorteil in Berner-Pfleger, Hitzacker 1961) 16.Dg2 Dh5 17.Ld1 Dg6 18.Sd2 Tae8 19.Se4 Lf5 20.f3 c5 21.Ld2 cxd4 22.cxd4 Lb8 23.Lb3 Td8 24.Sc5 h5 25.Tac1 h4 26.gxh4 Dh5 27.Se4 Lxe4 28.Txe4 Sf6 29.Te7 Txd4 30.Lg5 Sd5 31.Df2 Td3 32.De2 Txb3? (Notwendig war 32...Sxe7 33.Dxd3 Sg6.) 33.Te8! La7+ 34.Kh1 Txf3 35.Txf8+ Kh7 36.De4+ 1 :0.

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