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Sport: Schule geht vor

Die Schwimmerin Teresa Rohmann ist zwar schnell im Wasser, aber schlecht in Mathe

Berlin - Kurz vor der letzten Wende holte die Japanerin Amano Misa gefährlich auf. Also verteidigte Teresa Rohmann mit letzter Kraft ihren Vorsprung. „Es war sehr schmerzhaft“, sagte sie später. Aber es reichte. Sie schlug nach 4:36,87 Minuten an, das bedeutete den Sieg beim Schwimm-Weltcup in Berlin über 400 m Lagen. Über 200 m Lagen hatte sie Platz zwei belegt. „Sie kann sehr schnell auf die einzelnen Disziplinen umstellen“, sagt Ralf Beckmann, der Chef-Bundestrainer der deutschen Schwimmer. Dank dieser Stärke wurde Teresa Rohmann von der SSG Erlangen auch schon Kurzbahn-Europameisterin 2004 über 200 m Lagen und Vize-Europameisterin über 400 m Lagen. Und Olympia-Fünfte über 200 m Lagen.

Die Frage bei Teresa Rohmann ist nicht, ob sie schon genügend erreicht hat. Die Frage ist, wie viel sie unter anderen Umständen hätte erreichen können. Denn Teresa Rohmann ist auch ein Problemfall. Genauer gesagt: die Schülerin Rohmann. Die Lagenspezialistin ist jetzt 17 Jahre alt. Verflixt alt, wenn man noch nicht mal einen Hauptschulabschluss hat. Im Sommer, hofft sie, besitzt sie endlich ihr Abschlusszeugnis. Sicher ist das nicht. Sie ist schon mehrfach durchgefallen, sie hat enorme Probleme in Physik und Mathematik. „Sie könnte eine gute Schülerin sein“, sagt Roland Böller, ihr Trainer, „wenn sie mehr Begeisterung für die Schule entwickeln würde.“ Aber der Lebensinhalt der Teresa Rohmann ist Schwimmen.

Natürlich strahlen die Schulprobleme auf den Sport ab. In verschiedenen Punkten. Da ist zum Beispiel der Mensch Rohmann. „Natürlich merkt man, dass sie angespannt ist. Es ist schon belastend, wenn man Angst vor der nächsten Klassenarbeit und dem Durchfallen hat“, sagt Böller. Und Rohmann selber sagt: „Mich stören die Schulprobleme schon. Ich bin ein Mensch, der sich am besten auf eine Sache konzentrieren kann.“ Böller kann nicht sagen, wie viel Rohmann ohne diese Probleme besser wäre. „Das kann man nicht in Zehntelsekunden messen.“ Man kann es anders messen. Man kann zum Beispiel die Trainingseinheiten zählen, die ausfallen, weil Teresa Rohmann lieber lernen soll. „Es sind schon einige“, sagt Böller. „Das Thema geht mir natürlich auch nahe. Ich denke da in erster Linie an den Menschen.“

Böller redet viel mit den Lehrern, er redet viel mit seiner Schwimmerin über die Schule, auch er hat den Kopf nicht frei nur fürs Training. Noch gehen die Fehlstunden im Wasser nicht wirklich an die Substanz, sonst wäre Rohmann nicht so schnell. Vor den Olympischen Spielen war sie befreit. Sie ging zur Schule, erhielt aber keine Zensuren. Wenigstens vor Athen sollte sie keine Angst vor schlechten Noten haben. Aber wenn sie endlich ihren Schulabschluss hätte, „dann könnten wir pro Woche eine Einheit mehr trainieren oder auch mal ein zusätzliches Trainingslager absolvieren“, sagt Böller.

Sie hätte ein Netz nach der Schule, das sie auffängt. Siemens, der große Partner der SSG Erlangen, würde ihr eine Ausbildung ermöglichen. Teresa Rohmann könnte innerlich zur Ruhe kommen. Sie steht ja erst am Beginn ihrer Karriere. „Wenn wir uns in Ruhe drei Jahre lang auf Olympia 2008 vorbereiten könnten, wäre das sehr gut“, sagt Böller.

Aber am wichtigsten ist dieser verdammte Schulabschluss. „Wir bemühen uns ja, dass sie mit dem Lernen besser klarkommt“, sagt Böller. „Aber leider waren wir bisher nicht sehr erfolgreich.“

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