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Schumacher-Comeback: Konkurrenten auf der Jagd nach der Antwort

Gespannt fragt sich die Formel 1, ob der fast 41 Jahre alte Rückkehrer Schumacher noch mithalten kann.

Berlin - Als Sebastian Vettel die Nachricht von der Rückkehr seines großen Jugendhelden erreichte, fiel seine Freude eher verhalten aus. „Es freut mich für Michael“, erklärte der Formel-1-Vizeweltmeister, nachdem er vernommen hatte, dass der Rekordweltmeister Michael Schumacher nach drei Jahren aus dem Ruhestand zurückkehren wird, um wiederum für drei Jahre für das neue Mercedes-Team an den Start zu gehen. Doch ein wenig Sorge um den Mann, dessen Poster einst die Kinderzimmerwände des jungen Vettel geschmückt hatten, konnte der 22 Jahre alte Red-Bull-Pilot nicht verbergen: „Ich hoffe natürlich, dass er trotz seines Alters noch fit genug ist, dass er mit uns fahren kann und keine Probleme von der körperlichen Seite hat.“

Der 22-Jährige warf damit die zentrale Frage auf, die eines der spektakulärsten Comebacks der Sportgeschichte begleitet: Kann ein dann 41-Jähriger in einer physisch und psychisch so fordernden Sportart wie der modernen Formel 1 noch mit Männern mithalten, die halb so alt sind wie er? Jenson Button jedenfalls ist sich da nicht so sicher. „Er setzt seinen guten Ruf aufs Spiel“, sagt der aktuelle Weltmeister, der mit seinen gescheiterten Vertragsverhandlungen mit Brawn und dem daraus resultierenden Wechsel zu McLaren ein freies Cockpit hinterließ und damit das Comeback überhaupt möglich machte. Schumachers neue, alte Vorgesetzte dagegen machen sich über den körperlichen Zustand ihres Neuzugangs kaum Sorgen. „Ich habe Michael gefragt, denn er selbst kann am besten einschätzen, wie er sich fühlt“, sagte Mercedes-Teamchef Ross Brawn, mit dem der Deutsche bei Benetton und Ferrari alle seine sieben WM-Titel gewann. Schumacher sei „immer selbst sein größter Kritiker“ gewesen, „und er hat gesagt, dass er es schaffen kann. Ich habe ein gutes Gefühl und vertraue Michael – und er wird dieses Vertrauen nicht enttäuschen.“

Aus dem Munde des Halters nahezu aller wichtigen Rekorde im Grand-Prix- Rennsport drangen selbstredend ebenso keinerlei Zweifel. Schumacher erklärte, er sei sehr selbstbewusst, was seine körperliche Verfassung beträfe und gab den WM-Titel als Ziel aus. Er habe seit seinem Rücktritt Ende 2006 nie mit dem Fitnesstraining aufgehört und schon im Sommer schnell wieder sein altes Wettkampfgewicht erreicht. Auch der Nacken, den er sich im Februar bei einem Motorradunfall verletzt hatte und der sein Comeback im August noch verhindert hatte, bereite ihm „keinerlei Beschwerden“ mehr.

Bei diversen Kartrennen und zuletzt beim Spaßwettkampf „Race of Champions“ an der Seite von Vettel hat der 91-malige Grand-Prix-Sieger überdies bewiesen, dass seine Reflexe noch gut genug sind, um die aktuellen Formel-1-Piloten sogar schlagen zu können. Doch die körperlichen Anforderungen und Belastungen in der Formel 1 sind damit nicht zu vergleichen: Fliehkräfte, die teilweise dem Fünffachen der Erdanziehungskraft entsprechen, reißen an den Piloten. Das Ganze fast zwei Stunden lang bei insgesamt 19 Rennen in der kommenden Saison und teilweise unerträglich schwülen Bedingungen. Schumacher trainiert zwar ununterbrochen in seinem eigenen Fitnessstudio, doch der wirkliche Härtetest einer Fahrt im Formel-1-Wagen steht noch aus. Wenn Mercedes mit dem Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung scheitert, kann dieser erst zum offiziellen Start der Testfahrten Anfang Februar stattfinden – nur eineinhalb Monate vor dem Saisonstart am 14. März in Bahrain.

Norbert Haug ist sich jedoch auch ohne den endgültigen Beweis sicher, dass Schumacher die Anforderungen erfüllen wird. „Ich glaube nicht, dass viele seiner künftigen Rivalen annehmen, sie hätten Michael fitnesstechnisch im Sack“, sagte der Motorsportchef von Mercedes im Interview mit der dpa. Haug erklärte, in der Formel 1 zählten „nicht nur Jugend und Kraft wie beim 100-Meter-Sprint, sondern Erfahrung, Cleverness, Ausdauer, technischer Durchblick, Rennwitz“. Er verweist auf Schumachers früheren Teamkollegen Rubens Barrichello, der in diesem Jahr im Alter von 37 Jahren um den WM-Titel kämpfte. „Warum sollte der um drei Jahre ältere Michael das nicht können? Vorausgesetzt natürlich wir bauen ihm ein Auto, das dazu in der Lage ist.“

Unabhängig von der Schnelligkeit seines Wagens erwartet Schumacher im eigenen Haus die größte Herausforderung. Bei Mercedes wird der Kerpener in einem rein deutschen Fahrerpaar auf den knapp 17 Jahre jüngeren Nico Rosberg treffen. Der war in seinem bisherigen Rennstall Williams nicht nur schnell, sondern auch eine Führungspersönlichkeit und die unangefochtene Nummer eins. Rosberg gilt wie Schumacher als sehr ehrgeizig und wird sich nicht so leicht unterordnen wie einst etwa Rubens Barrichello bei Ferrari.

Die Frage, die nun über seinem Comeback schwebt, ist übrigens nicht neu für Michael Schumacher. Kurz vor seinem Rücktritt 2006 befasste er sich schon einmal ausführlich damit. Piloten müssten nicht wie Fußballer mit Ende 30 aufhören, da sie das nachlassende Reaktionsvermögen noch eine Weile durch Erfahrung kompensieren könnten, erklärte Schumacher damals im „Focus“: „Die Frage, wie lange man sich im Motorsport an der Spitze halten kann, ist noch unbeantwortet.“ Womöglich findet er eine Antwort darauf.

Christian Hönicke

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