zum Hauptinhalt

Sport: „Schwächen kann man heute leichter kaschieren“ Michael Schumacher über Technik in der Formel 1

Herr Schumacher, für diese Saison wurden einige Regeln in der Formel 1 geändert, die vor allem technologische Abrüstung beabsichtigen. Ist das Ausdruck einer neuen Technologiefeindlichkeit in der Formel 1?

Herr Schumacher, für diese Saison wurden einige Regeln in der Formel 1 geändert, die vor allem technologische Abrüstung beabsichtigen. Ist das Ausdruck einer neuen Technologiefeindlichkeit in der Formel 1?

Eigentlich geht es nur um die Finanzen. Viele Änderungen wurden eingeführt, um Geld zu sparen. Die Formel 1 muss günstiger werden, um neue Teams zum Einstieg zu motivieren. Wir haben jetzt zehn Teams, es waren mal deutlich mehr. Wenn es für viele zu teuer ist, dann stimmt da irgendwas nicht.

Ist das Ziel erreicht worden?

Nein, leider nicht. Wir haben da ein grundsätzliches Problem. Nehmen wir die an sich hilfreiche Regelung, dass ein Motor jetzt zwei Rennwochenenden halten muss. Das spart ganz klar Geld. Aber die Teams, die gewinnen wollen, nehmen das Geld natürlich und stecken es in andere Bereiche, um da Vorteile zu erreichen. Man kann unsinnige Investitionen in Material verhindern, aber nicht, dass Geld in andere Bereiche gelenkt wird. Ein Team hat 50 Millionen, eines 100 Millionen. Sie können einem Team nicht verbieten, die zusätzlichen 50 Millionen auszugeben, und sei es nur für teurere Mitarbeiter.

Was war eine gute Regelung gegen sinnlose Investitionen?

Zum Beispiel, dass das hochgiftige Beryllium im Motorenbau nicht mehr verwendet werden darf. Das war nicht nur sehr teuer, sondern hat auch gesundheitlich Risiken für die Menschen mit sich gebracht, die damit arbeiten mussten.

Je weniger Technik, um so wichtiger wird das fahrerische Können, heißt es. Geht die Rechnung in der Formel 1 auf?

Lassen Sie es mich so sagen: Würden Zeitungen besser oder interessanter, wenn man sie wieder mit der Technik von vor zwanzig Jahren machen würde? Wir leben von Fortschritten, und man kann die Welt auch bei uns nicht zurückdrehen.

Computersimulationen treten – auch aus Kostengründen – immer häufiger an die Stelle von realen Tests von Bauteilen oder Rennwagen. Ist das aus der Sicht des Fahrers der falsche Weg?

Wenn ich sehe, was wir heute mit Simulationen in kürzester Zeit erreichen, weiß ich nicht, wie man das ohne noch schaffen sollte. Dafür haben wir weder die Zeit noch das Geld. Wir kommen durch Simulationen mit weitgehend optimierten Fahrzeugen an die Strecke und müssen dann nur noch Feintuning vornehmen.

Ist dann die aktuelle Schwäche Ihres Rennstalls Ferrari vielleicht auch zum Teil eine Schwäche der Informationstechnologie – sind die Wagen schlechter vorbereitet als in der Vergangenheit?

Fragen wir mal anders herum: Hatten wir fünf Jahre lang vielleicht den größten technologischen Vorsprung? Wir sind nicht schlechter geworden, aber die anderen haben dazugelernt. Aktuell haben wir nicht nur eine einzige Schwäche, dass muss man ganz klar sagen. Formel 1 ist wie ein Puzzle, in dem alles passen muss. Und im Moment passt es nicht so richtig.

Sind Sie noch der Herr in Ihrem Cockpit, oder gab es einmal einen Punkt, an dem Sie sich von der Technik bevormundet fühlten?

Das habe ich noch nicht erlebt. Alles, was der Mensch produziert, hat auch menschliche Fehler, und der Mensch ist derjenige, der sie wieder ausgleichen muss. Die Unterschiede sind vielleicht nicht so groß wie früher, und fahrerische Schwächen können etwas kaschiert werden. Aber trotzdem wird nie der schlechteste Fahrer gewinnen, nur weil er das technisch am besten ausgerüstete Auto hat.Das Gespräch führte Axel Postinett.

Michael Schumacher

(36) begann seine

Formel-1-Karriere 1991 in einem Jordan mit Handschaltung,

inzwischen assistieren ihm ein elektronisches Getriebe und andere Hilfsmittel.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false