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Christian Diener schwamm über 200 Meter Rücken zu EM-Silber.

© Reuters

Schwimm-EM: Die Weltspitze ist weit entfernt

Die deutschen Beckenschwimmer freuen sich bei ihrer Heim-EM über sechs Medaillen, der Weg zurück zu alter Stärke ist aber noch lang. Und Olympia 2016 in Rio de Janeiro scheint noch zu früh zu kommen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lars Spannagel

Die vielleicht schönste Überraschung aus Sicht der deutschen Schwimmer bei der Heim-EM in Berlin war Christian Diener. Der 21 Jahre alte Potsdamer zeigte am Samstagabend über 200 Meter Rücken ein mutiges Rennen und belohnte sich mit der Silbermedaille. So weit die positive Nachricht. Die negative: Dieners Zeit von 1:57,16 Minuten ist aller Ehren wert, weltweit waren in diesem Jahr über diese Strecke aber bereits 16 Schwimmer schneller, darunter allein drei Japaner, drei Australier und vier US-Amerikaner. Bei Olympia wäre Diener also wohl im Vorlauf gescheitert und von einer Medaille knapp drei Sekunden entfernt gewesen.

Diese Diskrepanz zeigt, wo sich das deutsche Schwimmen zurzeit befindet. Die Nachwuchsarbeit von Chef-Bundestrainer Henning Lambertz zahlt sich langsam aus, allerdings können auch seine Konzepte keine Erfolge aus dem Becken stampfen. Lambertz will mehr Training, mehr Wettkämpfe, schwierigere Normzeiten. Er verlangt viel von seinen Schwimmern, die in den vergangenen Jahren auch aus Bequemlichkeit in der Welt den Anschluss verloren haben. Im internationalen Vergleich allerdings sind Lambertz’ Vorstellungen längst Standard. In Europa bleiben die Deutschen erst einmal Mittelmaß, selbst Olympia in Rio 2016 dürfte noch zu früh für die Jüngeren im Team kommen.

Am anderen Ende der Welt, bei den panpazifischen Meisterschaften in Australien, hat die US-Amerikanerin Katie Ledecky gerade ihre Weltrekorde über 400 Meter und 1500 Meter Freistil verbessert, sie hält auch die Bestmarke über 800 Meter. Ledecky ist 17 Jahre alt. Natürlich ist die Schülerin ein Ausnahmetalent, das auch das beste Nachwuchssystem nicht auf Knopfdruck produzieren kann. Beispiele wie ihres zeigen aber: Die Weltspitze wartet nicht auf die Nachzügler aus Deutschland.

Ist das Becken für die deutschen Schwimmer nach dieser EM also eher halbleer oder halbvoll? Es scheint so, als würde es sich langsam füllen. 2016 in Rio wird es aber wohl noch ziemlich ausgetrocknet sein. Die ganz großen Hoffnungen müssen bis Tokio 2020 warten.

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