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© dpa

Segeln: Märchenonkel und genialer Skipper

Er ist die Verkörperung der bärigen Lässigkeit: Brad Butterworth steht hinter Alinghis Erfolgen.

Man fragt sich natürlich, warum ein gemütlicher Bär wie Brad Butterworth so gut Segel-Schach spielen kann. Denn in Interviews erlebt man Alinghis Skipper und Taktiker als die Verkörperung der bärigen Lässigkeit, locker dasitzend, die Beine von sich gestreckt. Sein runder Bauch erzählt viel davon, dass der Wille zur Perfektion, der dem Neuseeländer nachgesagt wird, offensichtlich seine Grenzen hat. Er lächelt gutmütig wie ein Märchenonkel, und dann erzählt er auch noch locker ein paar Witze. Der Neuseeländer ist die Stütze des Alinghi-Teams, das nach vier Siegen vor der Titelverteidigung im America’s Cup steht. Über den entscheidenden fünften Erfolg konnte er sich mit seinem Team gestern allerdings noch nicht freuen: Wegen drehender Winde wurde am Sonntag vor Valencia das siebte Rennen auf Dienstag verschoben. Heute ist Ruhetag.

Der 48 Jahre alte Butterworth hat bislang eine meisterliche Leistung in der Serie geboten. Experten sprechen häufig sogar vom Butterworth-Faktor, wenn sie im 32. Cup-Finale den minimalen Unterschied zwischen den Schweizern und den Neuseeländern beschreiben. Die Neuseeländer sind zu einem Team gewachsen, mit einer jungen, gereiften Generation, der die Zukunft gehört. „Das sind verdammt gute Jungs“, sagt Brad Butterworth.

Alinghi dagegen scheint ein anderes Team als beim Triumph 2003 zu sein, immer noch stark, aber keineswegs so dominant wie damals, als es 28 von 32 Rennen gewann – bis zum 5:0-Sieg über die Neuseeländer.

Brad Butterworth segelt seit seinem siebten Lebensjahr und hat die begehrte Silberkanne dreimal gewonnen. 1995 und 2000 für sein Heimatland und 2003 für den Schweizer Milliardär Ernesto Bertarelli, der ihn mit seinem Freund Russell Coutts unter lautem Protest der Neuseeländer zu Alinghi geholt hatte. Seitdem hat er den Heldenstatus, den er im Südpazifik genoss, verloren. Er gilt immer noch als Abtrünniger, auch wenn sich die Aufregung gelegt hat. Coutts und Butterworth hatten in den Augen ihrer Landsleute einen Tabubruch begangen.

Butterworth gilt als Großmeister des Match Race-Duells, das man auch Segel-Schach nennt. Viele halten ihn für den weltbesten Taktiker. Niemand außer ihm kann die nächsten Schritte seines Gegners so prägnant und mit einer derart geringen Fehlerquote antizipieren. Die Neuseeländer haben ihn deshalb „Magiker“ getauft. Seine Gelassenheit scheint in ihrer genialischen Perfektion ein Grundstoff für Butterworth immenses Talent zu sein. Auch in schwierigen Situationen behält er die Übersicht und wartet auf den Fehler des Gegners, den er dann eiskalt ausnützt. An Bord sieht man häufig, wie er konzentriert seinen Kontrahenten minutenlang beobachtet. Oder er steht hinter Steuermann Ed Baird wie ein umsichtiger General, der bedächtig seine Kommandos an die Crew gibt.

Die Chancen stehen gut, dass Brad Butterworth zum vierten Mal den Cup gewinnt, in der Ewigen-Liste mit Dennis Conner gleichzieht und damit seinem Freund Coutts enteilt, dem dreimaligen Sieger. Denn Coutts hatte Alinghi 2004 nach Streitereien mit Bertarelli verlassen und konnte wegen einer Regeländerung nicht zu einem anderen Cup-Team wechseln. Butterworth muss die Trennung hart getroffen haben. Schließlich galten die beiden als Traumduo, das sich auf dem Wasser fast ohne Worte verstand. Butterworth übernahm den Skipper-Job von seinem Freund, der in der Schweiz mit seinem Triumph zum Star avanciert war. Brad Butterworth dagegen blieb bis heute eher der Mann im Hintergrund, machte aber nie einen Hehl daraus, dass er so bald wie möglich wieder mit Coutts, der im Moment als Skipper für ein neues Team des US-Milliardärs Larry Ellison gehandelt wird, segeln wolle. Diese Zeit könnte schon bald gekommen sein.

Ingo Petz[Valencia]

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