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Sport: Sehnsucht nach Konkurrenz

Mit der Norm konnte Heike Drechsler nichts anfangen. Deswegen war von Freude nichts zu sehen, als die Weitsprung-Olympiasiegerin nach ihrem zweiten Versuch in Sindelfingen ihre Weite registrierte: 6,59 Meter sind nichts Besonderes, gemessen an der Kategorie Drechsler.

Mit der Norm konnte Heike Drechsler nichts anfangen. Deswegen war von Freude nichts zu sehen, als die Weitsprung-Olympiasiegerin nach ihrem zweiten Versuch in Sindelfingen ihre Weite registrierte: 6,59 Meter sind nichts Besonderes, gemessen an der Kategorie Drechsler. Aber immerhin bedeutete es für die 37-Jährige einen Aufwärtstrend, den Titel der Deutschen Hallenmeisterin und die Erfüllung der Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) für die Hallen-Europameisterschaft, die Ende nächster Woche in Wien stattfindet.

Doch nach Österreich reist Heike Drechsler nicht, obwohl sie beim Stichwort Wien sofort reagiert. "Da bin ich ja meinen Weltrekord gesprungen - aber ich will trotzdem nicht mehr hin", erzählt die für den Karlsruher SC startende Weitspringerin. 7,37 Meter weit sprang Heike Drechsler dort vor 14 Jahren. Keine hat diese Marke bis heute übertroffen. "Ich hatte aber schon nach dem Ende der Sommersaison entschieden, dass ich in diesem Jahr keine Hallen-EM mitmachen werde", sagte Drechsler, die stattdessen in ein zweiwöchiges Trainingslager nach Südafrika reisen wird.

Nachdem sich Heike Drechsler bei der Weltmeisterschaft im vergangenen August in Edmonton beim Einspringen verletzt hatte, startete sie auch unglücklich in die Hallensaison. Erst stoppte sie eine Entzündung im rechten Oberschenkel, dann kam eine Erkältung hinzu. "Ich kann erst seit zwei Wochen wieder trainieren, und unter diesen Umständen bin ich mit meiner Leistung sehr zufrieden", erklärte Heike Drechsler, für die der große Höhepunkt im Sommer stattfinden soll: bei den Europameisterschaften in München. Inwieweit sie sich noch für diese EM motivieren könne, schließlich habe sie diesen Titel zuletzt viermal in Folge gewonnen, wurde Drechsler gefragt. "Aber in München war ich noch nicht Europameisterin", antwortete sie schlagfertig. Seit der EM 1986 in Stuttgart heißt die Europameisterin immer Heike Drechsler.

"Morgens dauert es, verglichen zu früher, etwas länger, bis ich in Schwung komme", erklärt Heike Drechsler, für die München noch nicht unbedingt die letzte Station ihrer Karriere sein soll. "Wenn ich Lust habe, noch ein Jahr zu machen, dann mache ich es. Ich plane das nicht im Voraus." Dass sie den Weitsprung auf nationaler Ebene immer noch dominiert, stimmt Heike Drechsler allerdings nachdenklich. "Die Starterfelder sind beängstigend klein. Wir bräuchten mehr Konkurrenz und mehr Spannung." Dennoch sieht sie für die Zukunft der deutschen Leichtathletik nicht schwarz. "Es steht nicht so schlecht um die Leichtathletik, denn es gibt genügend Nachwuchs. Aber der Weg an die Spitze ist weit. Junge Athleten müssen mehr gefördert und motiviert werden. Wir brauchen professionell arbeitende, hochklassige Trainer - da ist ein Manko", sagt die Olympiasiegerin.

Insofern setzt Heike Drechsler auch auf die Weltmeisterschaften 2005. "Berlin ist okay", sagte sie zur Entscheidung des DLV, sich mit der Hauptstadt zu bewerben, und fügte hinzu: "Hauptsache in Deutschland. Denn das ist eine Herausforderung für die deutsche Leichtathletik." Scherzhaft wird sie gefragt, ob Berlin nicht noch ein gutes Ziel wäre. "41 ist kein Alter", scherzt Heike Drechsler, "aber da müsste ich mir wohl eine andere Disziplin suchen." Vielleicht auch nicht. Denn Heike Drechsler hat sich verrechnet. Im August 2005 ist sie erst 40.

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