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SEITEN Wechsel: Wenn Schritte Wörter werden

Ein literarischer Band zum Berlin-Marathon.

Haruki Murakami hat schon wieder nicht den Literatur-Nobelpreis gewonnen. Der Japaner wäre auf jeden Fall der bisher sportlichste Nobelpreisträger, so viele Marathons, wie er schon gelaufen ist. Über das Laufen hat er auch sein persönlichstes Buch geschrieben: „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“. Es gibt also ein Bedürfnis, aus Schritten Worte zu machen, aus Kilometern Sätze. Beim Berlin-Marathon gehört der Literatur-Marathon zum festen Rahmenprogramm, er fand in diesem Jahr zum 25. Mal statt. Detlef Kuhlmann hat jetzt einen Sammelband mit Texten über den Berlin-Marathon herausgegeben. Er ist ebenso Laufbuch wie Berlinbuch. „Das Verblüffendste war am nächsten Tag im Auto durch Berlin zu fahren, Straßenecken wiederzuerkennen, an denen ich gestern noch gelitten hatte, die mir aber jetzt wie alte Bekannte vorkamen“, schreibt etwa Volker Schlöndorff. Einiges im Buch ist literarischer Breitensport, aber es finden sich in „Lit. Berlin-Marathon“ auch viele sehr gute Texte. Sie haben alle gemeinsam, dem einsamen Kampf in der Masse gegen die Erschöpfung genauso eine Sprache zu geben wie dem Gefühl im Ziel. Herausgekommen sind dabei schöne Sätze wie der von Günter Herburger: „Aus dem Hypothalamus regneten Opiate, ein Gefühl, als schwebte ich durch mehrere Königreiche, deren hauchdünne Kulissen sich unablässig wiederholten.“ Friedhard Teuffel

Detlef Kuhlmann (Hrsg.): Lit. Berlin-Marathon. Texte von der Strecke. Eine Anthologie. Arete-Verlag.

184 Seiten. 19,95 Euro.

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