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Sport: Sensibel und stark

Boxweltmeister Markus Beyer geht erst zu Boden und besiegt dann den Japaner Nishizawa

Schreck in der zweiten Runde. Zehn Sekunden vor dem Gong. Zu spät hob Markus Beyer den linken Handschuh schützend vors Kinn. Die rechte Faust Yoshinori Nishizawa schlug ein. Der Titelverteidiger stürzte zu Boden. Sein Freund Henry Maske stöhnte in der ersten Reihe auf: „Geht das schon wieder nach hinten los? Die alte Schwäche: offen zurückgehen.“ Der Weltmeister des Boxverbandes WBC im Supermittelgewicht stand sofort wieder auf. Ringrichter John Keane zählte, musste den Kampf aber nicht wieder frei geben. Gong. „Zum Glück war die Runde zu Ende“, sagte Markus Beyer später. Nur einer hatte keinen Schreck bekommen: Trainer Ulli Wegner. „Ich war mir ganz sicher, dass Markus das Ding in den Griff kriegt.“

Denn seit er sich auch psychologisch betreuen lässt, besitzt der einst so sensible Sachse neuerdings mentale Stärke. Der dreimalige Weltmeister boxte fortan wie ein Champion und verteidigte seinen WBC-Gürtel noch selbstsicher und souverän. Nach zwölf spannenden und unterhaltsamen Runden wurde Markus Beyer in seinem 33. Profikampf einstimmiger Punktsieger. 116:111, 117:111 und 118:109 lauteten die Wertungen der drei Punktrichter bei seinem 31. Sieg.

„Es war einer meiner besseren Kämpfe“, sagte Beyer lapidar. „Der beste seit England“, schwärmte sein Freund Maske. Im englischen Telford hatte sich der Rechtsausleger aus dem Erzgebirge 1999 durch einen Punktsieg über den Lokalmatador Richie Woodhall erstmals den WBC-Titel erkämpft und nach einer K.-o.-Niederlage gegen Glenn Catley und einer Punktniederlage gegen Cristian Sanavia den überdimensionalen Gürtel zweimal zurückerobert.

„Ich war nur erschrocken, weil ich den Schlag nicht gesehen habe, und Schläge, die man nicht sieht, sind die gefährlichsten“, schilderte Beyer die kritischste Szene des Kampfes. „Aber ich war nicht wirklich weg.“ Völlig unaufgeregt empfing ihn sein Chefsekundant in der Ecke: „Bist du noch da, mein Junge?“, fragte Wegner und redete wie ein Seelsorger auf ihn ein: „Ruhig, geschlossen bleiben. Übersicht behalten.“ Der Boxer folgte aufs Wort. Beyer boxte fortan klug und konzentriert, zirkelte rechts herum, weg von Nishizawas gefährlicher Schlaghand, blieb diszipliniert in der Defensive und stabil in seiner Strategie, bewegte sich auf schnellen Beinen, ging kein Risiko ein, ohne deswegen zu langweilen wie manchmal Sven Ottke.

Mit seiner Linken zum Kopf und zum Körper fing er den Japaner immer wieder ab. „Ich hätte mir gewünscht, dass er auch mal umfällt“, sagte der einzige aktuelle deutsche Boxweltmeister. Etwa in der neunten Runde, Beyers bester, als Nishizawa auch die Leber- und Kinnhaken wegsteckte, aus der Nase blutete und sich die Schwellungen unter beiden Augen rot und blau färbten. Noch keiner seiner Gegner, staunte Beyer, habe so viele schwere Treffer ein- und weggesteckt.

Auf Markus Beyer wartet nun die wahre Championsprüfung. Am 12.März muss er in einem deutschen Ring zur Pflichtverteidigung gegen Danny Green antreten. Gegen den Australier hatte Beyer vor 16 Monaten zwei schwere Niederschläge einstecken müssen und nur durch die Disqualifikation des draufgängerischen Boxers aus Perth wegen eines absichtlichen Kopfstoßes gewonnen. Manager Wilfried Sauerland hat die Revanche für 2,1 Millionen Dollar ersteigert.

Hartmut Scherzer[Bayreuth]

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