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Auf in den Wald. Auch der betuchte Gast sucht im noblen St. Moritz gern die Bobbahn auf.

© picture alliance / dpa

Serie: Winterreise: St. Moritz: Pelzmäntel und Schlangenkurven

Für die meisten Menschen sind es keine Sehnsuchtsorte – doch unter Wintersport-Fans sind ihre Namen so bekannt wie Metropolen. Folge 5: Kevin Kuske erzählt vom Bobfahren in St. Moritz, auf der einzigen Natureisbahn weltweit.

Von Johannes Nedo

Kevin Kuskes Taufe brachte ihm vor allem ein paar blaue Flecken ein. Auch deshalb erinnert er sich noch sehr genau daran – vor 14 Jahren war es, in St. Moritz. „Bei uns sagt man: Du bist erst ein echter Bobfahrer, wenn du mal gestürzt bist“, erzählt der 37-Jährige. 2002 stürzte der Anschieber zum ersten Mal. Es passierte in der damaligen Auslaufkurve, auf dem Rücken rutschten sie ins Ziel und bremsten erst im Stroh.

Nicht nur wegen seiner Bobfahrer-Taufe hat der Potsdamer eine spezielle Beziehung zu St. Moritz. „Ich verbinde viel Schönes mit dem Ort“, sagt er. 2007 wurde er in der Schweiz mit Pilot André Lange Weltmeister im Zweierbob, aber am meisten begeistert ihn die Bahn dort: „Sie ist eine der spektakulärsten Strecken der Welt.“ Sie ist die älteste Bahn weltweit, 1904 wurde sie in Betrieb genommen. Und sie ist die einzige Natureisbahn.

Während andere Bahnen künstlich vereist werden, wird die Bahn in St. Moritz jedes Jahr aufs Neue aus Schnee und Eis gebaut. „Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, wie sie immer wieder von Menschenhand gezaubert wird“, sagt Kuske. Jedes Jahr machen sie als Erstes eine Bahnbegehung, wenn sie in St. Moritz angekommen sind. „Das machen wir nirgendwo sonst“, sagt der viermalige Olympia-Sieger. Überall spüre man die große Tradition und das besondere Flair. Umso außergewöhnlicher sei es, dort zu gewinnen. Kein Wunder also, dass Kuske und sein Pilot Maximilian Arndt sich für das Zweierbobrennen beim Weltcup am Samstag (12.45 Uhr/ZDF) einiges vorgenommen haben.

Die Bahn in St. Moritz hat etwas Besonderes zu bieten

Thomas Florschütz und Kevin Kuske (rechts) auf der Bahn in St. Moritz.
Thomas Florschütz und Kevin Kuske (rechts) auf der Bahn in St. Moritz.

© Imago

Ihrer Alleinstellungsmerkmale sind sich die Schweizer in St. Moritz natürlich überaus bewusst. Das 5000-Einwohner-Städtchen im Südosten des Landes machte sich als Wintersport-Ort in den Alpen schon früh einen Namen. Bereits zweimal wurden dort Olympische Winterspiele ausgetragen: 1928 und 1948. St. Moritz ist zugleich einer der berühmtesten Kurorte der Welt – und somit auch einer der teuersten. Ein Urlaubsziel der Superreichen. „Die vielen Pelzmäntel im Ort sind nicht zu übersehen“, sagt Kuske. Aber die Millionäre schauen nicht nur beim Schnee-Polo auf dem zugefrorenen See zu. „Sie sind sich nicht zu fein, auch zu den Bobrennen zu kommen.“

Wobei die Bahn in St. Moritz auch in dieser Hinsicht Besonderes zu bieten hat. Denn sie führt direkt durch den Wald. „Wenn wir während der Fahrt hochgucken, können wir Bäume sehen. Das gibt es so sonst nirgendwo“, sagt Kuske. Bei Tempo 140 hat das Herumschauen jedoch nicht oberste Priorität. Ein weiterer Unterschied zu anderen Bahnen: Alle Kurven haben Namen statt Nummern, manche klingen bedrohlich: Teufelsdamm-Kurve, Schlangenkurve.

Die berüchtigste Kurve heißt Horse Shoe (Hufeisen). „Eine wahnsinnige Kurve“, sagt Kuske. „Gefühlt fahren die Bobs dort zehn Meter hoch an der Wand entlang und schießen dann auf der anderen Seite der Kurve wieder heraus.“ Er sei dort zum Glück noch nicht gestürzt, aber als dies Teamkollegen von anderen deutschen Bobs mal passierte, seien deren Rücken und Oberkörper komplett blau gewesen. „Auf der Bahn in St. Moritz ist es ziemlich zapfig“, sagt Kuske.

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