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Sport: „Sie beißen auf Granit“

Ralf Rocchigiani über falsche Freunde, Boxskandale und das Geld von Bruder Graciano

Ein New Yorker Gericht hat Ihrem Bruder Graciano Freitag nacht 31 Millionen Dollar vom Box-Weltverband WBC zugesprochen. Sind Sie immer noch am Feiern?

Ach, so groß haben wir gar nicht gefeiert. Wir feiern erst, wenn der WBC das Geld überweist.

Wie groß schätzen Sie denn die Chance ein, dass der Verband die 31 Millionen Dollar auch wirklich überweist.

Das ist schwer zu sagen. Es ist noch unklar, ob der WBC in Berufung geht.

Sehen Sie denn Graciano als Vorreiter einer wünschenswerten Entwicklung? Sollen noch viel mehr Boxer gegen Verbände klagen?

Es wäre schon wünschenswert, dass Graciano diese Vorreiterrolle hätte. Es geht ja vor allem darum, dass die Verbände mit einem Boxer nicht machen können, was sie wollen. Es war ja schon dubios, was da mit Graciano passiert ist. Aber das ist ja auch eine finanzielle Frage. Es gehört viel Geld dazu, so einen Prozess durchzustehen.

Sollten demnach auch Manager vor Gericht ziehen, die unter Umständen reicher als ihre Athleten sind?

Ich kann mir gut vorstellen, dass ein paar Manager sich jetzt überlegen, ob sie vor Gericht ziehen sollen.

Die mächtigsten deutschen Manager, Klaus-Peter Kohl und Wilfried Sauerland, welche die Weltmeister Sven Ottke und Dariusz Michalczewski vertreten, können Sie damit aber kaum meinen.

Nein, die bestimmt nicht. Die sind ja mit den großen Verbänden verzahnt. Das sah man doch zum Beispiel beim jüngsten Kampf von Michalczewski gegen Richard Hall in Braunschweig. Michalczewski war übel zugerichtet, aber trotzdem kam nicht mal der Ringarzt in seine Ecke. Das hätte ja ein Kampfabbruch auslösen können. Da gibt es schon einen Heimvorteil.

Also denken Sie an kleinere Manager?

Ja, es gibt ja viele kleinere, auf nationaler Ebene. Aber es ist halt einen finanzielle Frage. Vielleicht können die sich ja zusammensetzen und einen Pool bilden, da wird dann die finanzielle Last auf mehrere Schultern verteilt. Aber auf jeden Fall sollte sich etwas tun. Das sieht man ja an den jüngsten Entscheidungen des WBC.

Der Verband hat Weltmeister und Quotenstar Roy Jones jr. zum Super-Weltmeister ernannt.

Ja, Super-Weltmeister. Was ist denn das für ein Titel? Den hat es ja noch nie gegeben. Den Graciano dagegen hat der WBC zum Interims-Weltmeister degradiert. So einen Titel gibt es ja auch erst seit ein oder zwei Jahren. Was soll denn das überhaupt sein, Interims-Weltmeister? Entweder einer ist Weltmeister oder er ist es nicht.

Sie waren ja nun selber Profiboxer. Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie auch gerne geklagt hätten.

Nein, bei mir gab es so etwas nicht. Aber das will nichts heißen. Es gibt auf der Welt rund 10 000 Profiboxer. Einen Fall, der so gelagert ist, wie der von Graciano wird es schon geben. Das Problem muss ja nicht immer mit einem großen Weltverband bestehen. Es gibt ja genügend kleinere, nationale Verbände.

In Deutschland gibt es den Bund Deutscher Berufsboxer. Arbeitet der seriös Ihrer Ansicht nach.

Ja, das wird doch relativ seriös gearbeitet.

Waren Sie denn mal in New York während des Prozesses?

Nein, ich war die ganze Zeit in Deutschland.

Aber Ihren Bruder werden Sie doch öfter im Gefängnis Tegel besucht haben.

Na ja, ich habe ihn noch gar nicht besucht. Ich war nur einmal im offenen Vollzug bei ihm. Das ist nicht so einfach mit uns. Er darf ja nur alle zwei Wochen einen Besucher empfangen. Und er muss die Besucherscheine selber ausfüllen. Da hat er im Moment lieber seine Freundin bei sich als andere.

Haben sich denn bei Ihnen schon Personen gemeldet, die sich jetzt an eine angebliche Freundschaft mit Graciano erinnern und sagen, sie bräuchten dringend Geld.

Nein, da würden sie auch auf Granit beißen, sowohl bei Graciano als auch bei mir. Aber bei mir ist ja sowieso nichts zu holen.

Wir erreichen Sie gerade in Ihrer Gaststätte Rocky’s Inn in Berlin-Charlottenburg. Haben Sie denn mit dem Boxen noch irgend etwas zu tun?

Nein, gar nichts mehr.

Das Gespräch führte Frank Bachner .

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