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Sport: Sie ist leicht, biegsam und schwer im Kommen

Über Wattenscheid zur Weltmeisterschaft: Auf Edita Schaufler ruhen die Hoffnungen der DeutschenVON MICHAEL ROSENTRITT BERLIN.Sie ist klein, leicht und biegsam.

Über Wattenscheid zur Weltmeisterschaft: Auf Edita Schaufler ruhen die Hoffnungen der DeutschenVON MICHAEL ROSENTRITT BERLIN.Sie ist klein, leicht und biegsam.Mit anderen Worten: Sie bedient viele Klischees einer Gymnastin.Dafür kann sie nicht.Aber das erst 17jährige junge Geschöpf vermittelt sich vor allem über ihre großen Augen, mit denen sie noch nicht ganz so "gelenk" umgeht.Und dann ist da noch dieser hübsche Akzent, der ihr beinahe fehlerfreies Deutsch umsummt.Die blonde Edita wurde in Frunse in Kirgisien geboren und hört auf den wenig asiatisch klingenden Nachnamen Schaufler."Ja", erzählt sie, "meine Großeltern und mein Vater sind deutschstämmig.Nur meine Mama ist halbdeutsch und halbrussisch". Vor vier Jahren fand Editas Familie nach Deutschland."Eigentlich wollten wir ins Saarland", erzählt sie, "doch damals war dieses Bundesland für uns geschlossen." Als zweiten Wunsch hätte Familie Schaufler Nordrhein-Westfalen angegeben, "wegen meines Sports", wie Edita sagt."So kamen wir nach Wattenscheid." Zunächst wohnte sie in einer WG, was ihr freilich nicht so leicht fiel."Ich war in einem fremden Land, und dann das erste Mal ohne meine Eltern", erzählt Edita.Mittlerweile aber hätten ihre Eltern und sie eine schöne Wohnung in Wattenscheid bezogen.Beim dort beheimateten Turnverein wuchs sie zu einer erfolgversprechenen Gymnastin heran.Und das, obwohl sie erst mit 13 begonnen hat, diesen Sport leistungsorientiert auszuüben. Ein Hang zur klassischen Musik wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt.Vater Schaufler spielte jahrelang den Kontrabaß in der kirgisischen Philharmonie.1997 wurde sie vierfache Deutsche Meisterin und turnte sich damit aus den Schatten der bislang erfolgreichsten deutschen Gymnastin Magdalena Brzeska.Bei der jetzt stattfindenden WM in Berlin, ihren ersten überhaupt, geht das von Livia Medilanski trainierte Fräulein als Zehnte der diesjährigen EM an den Start. "Berlin ist schön", sagt Edita und meint es wohl auch so.Wattenscheid sei klein."Und es regnet so viel." Anders als in Kirgisien, wo "die Sommer heißer, die Winter kälter sind, aber es dafür fast immer trocken ist", wie sie erzählt.Ihre Salti wird sie ab heute bei der WM jedenfalls zu den Klängen der "Berliner Luft" vorführen. Letzten Sonnabend waren sie und ihre Mannschaftskolleginnen im Kaufhaus Lafayette gewesen und haben ihrer Trainerin "einen schönen Hut gekauft".Weniger Spaß mache dagegen das Training in einer der Nebenhallen der Max-Schmeling-Halle."Da ist es immer so kalt", erzählt Edita, "und außerdem können wir nicht alles probieren, weil die Hallen nur acht Meter hoch sind." Gewöhnlich schleudern die zierlichen Damen die Keulen, Bänder und anderes Gerät bis zu 20 Meter in die Höhe."Wir müssen entweder Bodenelemente in der Flugphase schneller turnen oder einfach einige weglassen." Ihr bisher größter internationaler Erfolg ist ein achter Platz bei der EM diesen Jahres mit den Keulen."Berühmt und bekannt" sei sie deswegen noch lange nicht."Außerdem ist mir das gar nicht so wichtig", erzählt das 45 Kilogramm schwere Leichtgewicht.Auch darin unterscheidet sie sich vom Glamour-Girl Brzeska, die trotz geringer internationaler Reputation wahlweise auf Titelseiten von Hochglanz-Magazine posiert oder mit Biolek um die Wette kocht.Beeindruckte Brzeska zuvorderst Publikum und Werbefritzen durch Ausstrahlung, so darf Schaufler ein hohes Maß an "natürlicher Begabung" (Medilanski) für sich in Anspruch nehmen. Zudem gilt die Nachfolgerin Brzeskas als außerordentlich schüchtern, vor allem der medialen Öffentlichkeit gegenüber.Mal piepste sie ein "ja", ein anderes Mal war ein "nein" zu vernehmen."Ich habe mich lange Zeit nicht so getraut wegen meines Akzents", erinnert sich Edita."Durch die Schule habe ich viel Mut bekommen." Die Gymnastin besucht die elfte Klasse eines - für Leistungssportler durchaus ungewöhnlich - "normalen Gymnasiums".Lediglich im Vorfeld großer Wettkämpfe darf sie den Unterricht schwänzen, "den ich dann privat aber nachholen muß".Nach ihrer Karriere will sie selbst einmal vor einer Klasse stehen.

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