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Sport: Sieg als Randgeschichte

Der Neuseeländer Cameron Brown gewinnt den Ironman in Frankfurt, doch das Hauptthema ist Doping

War es prophetische Gabe oder profundes Wissen, das Normann Stadler da antrieb? „Der nächste Dopingfall im Triathlon wird kommen, ganz sicher – vielleicht schon bald“, sagte der deutsche Top-Triathlet Anfang vergangener Woche. Da traf sich die deutsche Elite des als European Championships aufgewerteten Frankfurter Ironman zur Präsentation im Hotel Intercontinental. Der 33-Jährige sollte Recht behalten. Nicht die Tatsache, dass der nach einem Sturz auf dem Rad angeschlagen und abgeschlagen ins Ziel taumelnde Titelverteidiger gestern in einem dramatischen Rennen vom Neuseeländer Cameron Brown entthront wurde, stand nach der wichtigsten deutschen Triathlon-Veranstaltung im Mittelpunkt, sondern eine neue Doping-Enthüllung. „Es gibt unter den Triathleten eine positive A-Probe. Das Ergebnis der B-Probe wird wohl in der nächsten Woche vorliegen“, sagte Klaus Müller-Ott, der Präsident der Deutschen Triathlon Union (DTU). Der Fall solle in einem „zügigen Zeitfenster“ publik gemacht werden, „wir bitten um Verständnis, dass wir den Namen noch nicht nennen können, weil wir die juristischen Regularien einhalten müssen“.

Wie es weiter hieß, sei einer der in Frankfurt nicht gestarteten Triathleten betroffen. Dadurch kann noch kein konkreter Verdacht begründet werden, doch das Verhalten des Altmeisters Jürgen Zäck gab gestern Anlass zu allerlei Spekulationen: Zäck ist seit einer Woche abgetaucht. Der 40-Jährige wollte in Frankfurt seinen letzten Ironman bestreiten, meldete sich dann aber mit einer kurzen E-Mail beim Veranstalter ab. Rückenschmerzen würden ihn behindern, persönlich war Zäck seit Tagen nicht zu sprechen. Das verwunderte Organisator Kurt Denk, war Zäck doch Werbe- und Imageträger, der stets eng mit dem Veranstalter gehandelt hatte. Aber während sich gestern die gesamte Szene versammelte – selbst der in Roth gestartete Hawaii-Sieger Faris Al-Sultan verdingte sich als TV-Experte – war allein der Sonnyboy aus Koblenz für niemanden erreichbar. „Man erreicht den Athleten nicht, da wundert man sich“, sagte Denk am Sonntag. Man befinde sich in einem Stadium, „in dem man sich Gedanken macht“.

Tatsache ist, dass der überführte Dopingsünder bei einer unangemeldeten Trainingskontrolle aufflog. Für Müller-Ott ist der neue Fall ein Erfolg der intensivierten Kontrollen. „Natürlich ist man nie froh, wenn so etwas passiert, aber es zeigt, dass die Kontrollen greifen“, sagte der DTU-Chef, der aber nicht von einem systematischen Doping in der Szene sprechen will. Auch da hat Stadler eine andere Meinung: „Wenn ich auf der Homepage der DTU lese, dass es weltweit 74 positive Dopingfälle gibt, sie aber alle erlaubte Substanzen benutzt haben, erstaunt mich das. Sie haben alle komischerweise Asthma oder brauchen irgendwelche Mittelchen.“

Gut, dass der gestrige Zweitplatzierte als Gegenbeispiel taugt: Timo Bracht, der einen Tag nach seinem 31. Geburtstag erst auf der Marathonstrecke am Main vom Sieger aus Neuseeland abgehängt wurde. Der Sportwissenschaftler, gestern deutlich stärker als Stadler, Lothar Leder, Stephan Vuckovic und Kai Hundertmarck, gilt als Tüftler, der akribisch Ernährungs- und Trainingspläne ausarbeitet. Wenn der Familienmensch nicht seine Zeit mit Ehefrau und seinem vierjährigen Sohn verbringt, dann ist er im Schwimmbecken, auf Rad- und Laufstrecken rund um Eberbach anzutreffen – das Hallenbad in Waldbrunn, die Odenwälder Berge, der Neckar-Radweg sind sein liebstes Trainingsrevier.

Generell gilt: Triathlon ist eine der trainingsintensivsten Sportarten, mehr als zwei Wettkämpfe im Jahr sind für die Topstars nicht zu bewältigen, zu groß ist der Kräfteverschleiß nach 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und 42,195 Kilometer Laufen. Und dass Doping dabei in der vermeintlich heilen Triathlon-Welt eine Rolle spielt, ist seit 2004 Gewissheit: Als prominenteste Sünderin war Nina Kraft bei ihrem aberkannten Hawaii-Sieg des Dopings überführt worden. 2004 war zudem in Frankfurt die Heidelbergerin Katja Schumacher positiv auf Testosteron getestet worden. Erst danach wachte auch der Verband auf: Es bedurfte hartnäckiger Auseinandersetzungen zwischen Ausrichter Denk und der DTU, ehe Bewegung in den Anti-DopingKampf kam. Seitdem ist es für deutsche Triathlon-Profis Pflicht, einen Elitepass zu lösen, der zu freiwilligen Trainingskontrollen verpflichtet. Die DTU geht 2007 den nächsten Schritt – dann werden auch Bluttests durchgeführt.

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