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Spiel-, Satz- und Sieggemeinschaft. Novak Djokovic (l.) und Boris Becker haben allen Grund, sich gleich in die Arme zu fallen.

© dpa

Sieg in Wimbledon: Hinter dem Erfolg von Djokovic steht Boris Becker

Nach dem Wimbledon-Finale wird nicht nur Novak Djokovic gefeiert, sondern auch sein Trainer Boris Becker. Er hat geschafft, was im Fußball einst Franz Beckenbauer gelang: den größten Titel als Spieler und als Trainer abzuräumen.

Es war ein schwerer Gang für Roger Federer, vielleicht sein schwerster. Er musste den Centre Court von Wimbledon verlassen und das ohne die goldene Trophäe, die er so gerne zum achten Mal in den Händen halten wollte. Der 32 Jahre alte Schweizer hatte schon bei der Siegerehrung gegen die Tränen angekämpft, auf dem Weg zurück in die Umkleide begegnete er auch noch Prinz William und seiner Frau Kate. Sie hatten, wie alle Zuschauer im Stadion, Federer bedingungslos angefeuert und fühlten nun mit ihm.

„Es war sehr lieb, dass mich die beiden trösten wollten“, sagte Federer, „aber bei mir brachen da gerade alle Dämme.“ In der Umkleide weinte er. Stefan Edberg, sein Mentor und das Idol seiner Kindheit, umarmte Federer. Der ruhige Schwede sagte ihm, wie stolz er auf ihn sei. Und er erinnerte ihn daran, was für ein hervorragendes Match, was für ein tolles Turnier er gespielt hatte. Dann knallte es ein paar Meter weiter, in der anderen Ecke der Umkleide. Novak Djokovic hatte mit seinem Team die erste Champagner-Flasche geöffnet, sie johlten und feierten ausgelassen. Federer tat das noch mehr weh. Es war einfach zu knapp gewesen. Doch es war Djokovic’ Sieg. Sein zweiter in Wimbledon, aber sein erster mit Boris Becker.

Goldene Challenge Cup war Erlösung für ihn

Sie hatten sich gratuliert, die Tennis-Legenden Becker und Edberg, in jener Umkleide im All England Club, in der sie früher selbst so oft gesessen hatten. Mal euphorisch, mal untröstlich. „Roger hat ein unglaubliches Niveau espielt, und er ist der Beste aller Zeiten“, lobte Becker, „aber Novak ist ein echter Straßenkämpfer, den kriegt man so schnell nicht unter.“ Dass er im vierten Satz einen Matchball nicht verwandeln konnte und sogar noch in den entscheidenden Durchgang musste, hatte Djokovic weggesteckt.

Der Serbe hatte in diesem vierstündigen Spektakel, in dem beide Akteure das wohl hochklassigste Grand-Slam-Finale seit Jahren spielten, am Ende die bessere Antwort. „Ich habe dieses Mal meine Gefühle, meine Physis und meinen Kopf zusammen gebracht“, sagte Djokovic nach seinem 6:7, 6:4, 7:6, 5:7 und 6:4-Sieg. Der goldene Challenge Cup war wie eine Erlösung für ihn. Denn fünf seiner letzten sechs Grand-Slam-Endspiele hatte Djokovic verloren, die jüngsten drei sogar in Folge. Der 27 Jahre alte Serbe schien das Gewinnen auf großer Bühne nach sechs Major-Titeln plötzlich verlernt zu haben.

Boris Becker hat Titel als Spieler und Trainer gewonnen

Doch Becker brachte ihn nun an dem Ort, der einst als sein Wohnzimmer bekannt war, wieder in die Spur. „Ich habe ja gesagt“, erklärte der 46-Jährige, „abgerechnet wird am Schluss: Er hat eine weitere Wimbledon-Trophäe gewonnen, er ist wieder die Nummer eins der Welt – wir sind am Ziel.“ Becker kam nicht umhin, diesen Triumph seines Schützlings mit einem gewissen Maß an Genugtuung zu betrachten, für sich selbst. Genau 25 Jahre ist es her, dass Becker den letzten seiner drei Wimbledonsiege errang, gegen Edberg. Und nun hatte er zudem geschafft, was im Fußball einst Franz Beckenbauer gelang: den größten Titel als Spieler und als Trainer abzuräumen.

„Vielen ist das sicherlich nicht gelungen“, sagte Becker nicht ohne Stolz. Denn er wusste, dass er seit Beginn seiner Arbeit mit Djokovic im Dezember permanent unter Beobachtung und in der Kritik stand. Was er einem Champion noch beibringen wolle, wurde er gefragt. Und ebenso, welchen Anteil Becker tatsächlich an den jüngsten Verbesserungen des Serben hatte. „Ich bin der Bekannteste im Team“, sagte Becker, „wenn es schief gehen würde, wäre ich der Erste, der Schuld hat. Das ist klar.“ Doch in Wimbledon, bei seinem Heimspiel, hielt Becker alle Fäden in der Hand. Er blieb im Hintergrund und war doch präsenter als je zuvor.

Becker ist der Macher dieses Erfolgs, zweifellos. Nach all den Tiefschlägen und Peinlichkeiten im letzten Jahr ist ihm die Kehrtwende tatsächlich gelungen. Becker ist wieder Wimbledonsieger, einer der Größten dieses Sports.

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