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Sport: Sieger ein Leben lang

In Thomas Morgenstern gewinnt zum dritten Mal ein Österreicher in Folge die Vierschanzentournee – Deutschlands Skispringer versuchen ihre Enttäuschungen zu verbergen

Schon vor dem letzten Sprung klatschte Thomas Morgenstern vor den Ski-Containern den österreichischen Cheftrainer mit einem speziellen Ritual ab. Erst klatschen seine und Alexander Pointners rechte Hand flach aufeinander, dann drückten sie Faust auf Faust und schließlich streckten sie dem anderen einen Zeigefinger entgegen. Nur noch einen Sprung könnte diese Art des Abklatschens bedeuten, oder: Du bist die Nummer eins der Vierschanzentournee.

Kurz darauf reckte Thomas Morgenstern tatsächlich am Fuße der Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen beide Arme in die Scheinwerfer und bejubelte seinen ersten Sieg bei der Vierschanzentournee. „Für mich ist das noch nicht real“, sagte der 24 Jahre alte Österreicher, „das sind brutale Emotionen.“ Zunächst klettert er zum Zaun, hinter dem seine Eltern und sein aus Verwandten und Freunden bestehender Fanklub standen. „Es ist etwas ganz Schönes, mit so vielen aus meiner Verwandtschaft so einen großen Erfolg feiern zu können, das werde ich mir ein Leben lang merken“, sagte er nach seinen von 30 000 Zuschauern bejubelten Sprüngen auf 135 und 136 Meter. Er musste sich in Bischofshofen allerdings dem Norweger Tom Hilde geschlagen geben, der mit Sprüngen auf 138 und 132 Meter zwar einen Meter kürzer gesprungen war, aber schlechtere Windbedingungen hatte und deshalb aufgrund der neuen Wind-Formel am Ende um 1,6 Punkte vorne lag.

Das dürfte Thomas Morgenstern egal gewesen sein. Die Chance, alle vier Springen zu gewinnen, hatte der Sieger von Oberstdorf und Innsbruck schon in Garmisch-Partenkirchen vergeben, als ihn widrige Windbedingungen auf Platz 14 zurückwehten. Es spricht für die neue Reife und Gelassenheit des Einzel-Olympiasiegers von Turin, dass er sich von diesem Missgeschick nicht aus der Spur werfen ließ. In der Vergangenheit hatte er sich durch zu großen Ehrgeiz ausgezeichnet, in dieser Saison ist alles ganz anders. „Ich bin heuer ganz anders vorbereitet“, sagt er, „alles ist ruhiger, schöner, gelassener.“ Offenbar zahlt sich die Arbeit mit einem Mentaltrainer aus, dessen Identität er geheim hält. Gegen einen fokussierten Morgenstern hatte auch Simon Ammann keine Chance, der am Ende im Gesamtklassement mit 30,4 Punkten Rückstand auf Platz zwei lag. Der Schweizer Doppel-Olympiasieger gratulierte dem Österreicher bereits nach dem ersten Sprung in Bischofshofen zum Tourneeerfolg. Tom Hilde schob sich noch auf Platz drei im Gesamtklassement vor.

Dieses dürfte Bundestrainer Werner Schuster allerdings nicht so viel Freude bereiten. Michael Uhrmann auf Rang elf und Severin Freund auf zwölf verpassten knapp das selbstgesteckte Ziel, zwei deutsche Springern unter den besten zehn zu platzieren. „Alles in allem muss man zufrieden sein, wir hatten schlechte Voraussetzungen“, sagte Schuster, „wir hatten eine sehr kompakte Mannschaft, aber es fehlen noch ein paar Meter nach vorne.“ In Bischofshofen sprang Michael Neumayer als bester Deutscher auf Rang acht, doch weil er in Innsbruck nur 48. wurde, verpasste er eine bessere Gesamtplatzierung als Rang 18. „Ohne den Fehler von Innsbruck wäre es eine schöne Tournee geworden, ich wäre bestimmt unter die ersten zehn gekommen“, sagte Michael Neumayer. Vor ihm in der Gesamtwertung platzierte sich Richard Freitag auf Rang 17, knapp hinter ihm folgte Pascal Bodmer auf Rang 20. „Der ist während der Tournee in Form gekommen“, sagte Schuster, „das ist eine der schwierigsten Übungen, die es gibt.“ Davon kann bei Martin Schmitt nicht die Rede sein, er belegte in der Gesamtwertung Rang 29 und ist nach Stephan Hocke auf Rang 25 nur siebtbester Deutscher. Diese Reihenfolge dokumentiert, wie sehr der Altmeister um einen Platz im Team für die WM in Oslo bangen muss.

Das österreichische Team hingegen versammelte sich im Auslauf der Schanze und trug seinen Helden auf den Schultern. Morgenstern saß mit der rechten Pobacke auf der Schulter des Vorjahressiegers Andreas Kofler und mit der linken auf der des Vorvorjahressiegers Wolfgang Loitzl. Sein Erfolg war der dritte österreichische Sieg in Folge bei der Tournee. Vielleicht könnte das die tatsächliche Bedeutung des Abklatschrituals gewesen sein: Wir waren, sind und bleiben die Nummer eins der Vierschanzentournee.

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