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Anstrengender Höhenflug. Ihr Sprung über zwei Meter hat Meike Kröger ausgepowert, aber auch selbstbewusster gemacht. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Sport: Signale von der Wade

Hochspringerin Meike Kröger lernt, wie schwierig es ist, mit einem Zwei-Meter-Sprung umzugehen

Berlin - Irgendwo da hinten steht ihr Fahrrad, Meike Kröger zeigt es mit einer flüchtigen Handbewegung. Sie hätte auch zu Fuß kommen können, sie wohnt fast um die Ecke, weniger als einen Kilometer entfernt von diesem Café. Der Kilometer ist wichtig, mehr soll sie nicht laufen im Moment. Stressreaktion des linken Wadenbeins, die Verletzung muss ausheilen. Es ist keine normale Verletzung, sie ist ein Signal. Sie hat mit diesem Satz zu tun, den die 23-Jährige fast nachdenklich sagt: „Mit den zwei Metern umzugehen, ist schwieriger, als man denkt.“

Im Februar ist Meike Kröger in der Karlsruher Europahalle zwei Meter gesprungen, zum ersten Mal in ihrem Leben. Zwei Meter im Frauenhochsprung, das ist „eine Schallmauer“, sagt Kröger. Diese Barriere ist psychologisch derart aufgeladen, dass sie einen auspowern kann. Nach dem Sprung lag Kröger auf der Innenbahn, körperlich fertig, im Kopf fast leer. Zwei Meter pushen auch, sie steigern das Selbstbewusstsein – aber auch die Gefahr, Warnsignale zu übersehen.

Meike Kröger steigerte das Training, sie flog schon eine Woche nach einem Trainingslager ins nächste, der Deutsche Leichtathletik-Verband hatte ihr das angeboten. Eine Fehlentscheidung der Berlinerin. Ihr Körper war noch nicht so weit wie ihre Psyche. Bisher dauerte ihre Pause zwischen zwei Trainingslagern zwei Monate. Außerdem war Jan-Gerrit Keil nicht mitgereist, ihr Trainer. Er hätte eingreifen können, aber ohne ihn trainierte Kröger zu viel, und eine Woche nach der Rückkehr spürte sie das Wadenbein. „Der Körper gab ein Signal“, sagt sie. „Ich habe psychisch und physisch diese Pause gebraucht.“

Den Saisonstart hat sie jetzt auf Ende Juni festgelegt; genau gesagt hat ihn der Arzt festgelegt. Meike Kröger nimmt es hin, noch spürt sie keinen großen Zeitdruck. „Ich bin sehr sicher, dass ich die Norm für die Europameisterschaft springen werde.“ Sie sagt das nicht besonders engagiert, nur in dem Maße nachdrücklich, dass die neue Meike Kröger durchschimmert. Die Frau, die mal die Schallmauer durchbrochen hat. Die Frau, die sagt: „Jetzt weiß ich, dass ich noch mehr kann. Jetzt fühle ich mich durch so eine Verletzung nicht unter Druck.“

Man darf das nicht verwechseln. Meike Kröger betrachtet sich nicht als Athletin, die zwei Meter nun als Maßstab sieht. Wer sie fragt, ob sie eine Zwei-Meter-Springerin ist, erhält als Antwort: „Ich bin eine Hochspringerin.“ Auch ihr Trainer Jan-Gerrit Keil sagt: „Die zwei Meter sind eine absolute Extraleistung.“ Blanka Vlasic oder Ariane Friedrich, „die können regelmäßig zwei Meter überqueren“. Nach Karlsruhe mailte ihm der frühere Hochsprungbundestrainer Wolfgang Killing: „Wenn ihr euch bei 1,95 Metern stabilisiert, ist das völlig in Ordnung.“

Das ist der Maßstab, Stabilisierung auf hohem Niveau. Regelmäßig über 1,95 Meter, das wäre für beide völlig in Ordnung. Und beide sind auch darauf vorbereitet, zu hohe Erwartungen zu dämpfen. „Ich bin keine Maschine“, sagt Kröger. Und Keil sagt: „Zwei Meter sind in diesem Jahr für uns gar kein Ziel.“

Es geht um die Perspektiven, um die Reserven, die eine Springerin leichter ausschöpft, die diese Barriere überwunden hat. „Meike hat das Potenzial für 2,03 Meter“, sagt Keil. Bei dem Sprung von Karlsruhe hat er genügend technische Mängel entdeckt. Durch Karlsruhe erhöht Kröger auch den Druck auf Ariane Friedrich, die WM-Dritte, die zum Zwei-Meter-Sprung gratulierte (Kröger: „Sie hat sich ehrlich gefreut“). Die Berlinerin wird nun stärker in die Rolle der Friedrich-Konkurrentin gerückt, aber alles andere hätte sie auch „als komisch empfunden“.

Das steigert den Reiz der deutschen Duells, andererseits kennt Kröger die Grenzen ihre Rolle. „Ariane“, sagt sie, „ist eine ganz andere Klasse.“

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