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Sport: Silberne Antwort

Nach Kritik des Bundestrainers wird Evi Sachenbacher im Teamsprint Zweite

Der Weg zur Sprint-Medaille war ungewöhnlich lang, er führte durch Evi Sachenbacher-Stehles komplettes Hotelzimmer. Mehrfach ist sie in der Nacht zum Freitag aufgestanden, nervös wie sie war, sie hat den Raum durchwandert, sich wieder hingelegt, ist wieder aufgestanden. Wäre der folgende Tag anders verlaufen, hätte sie das wohl verschwiegen, so aber war es ein schönes Detail in einer noch schöneren Geschichte. Denn am Ende des zweiten Tages bei der Nordischen Skiweltmeisterschaft in Sapporo baumelte eine Silbermedaille um ihren Hals, eine zweite um den von Claudia Künzel-Nystad. Die war nicht weniger nervös an den Start des Team-Sprints gegangen als ihre Partnerin. „Wie eine 14-Jährige“ habe sie sich gefühlt, berichtete die 29 Jahre alte Künzel. Schneller waren nur die beiden Finninen Virpi Kuitunen und Riitta Liisa Roponen, auf den dritten Platz lief das norwegische Duo Astrid Jacobsen und Marit Björgen.

Die Medaille kam für die deutschen Langläuferinnen überraschend. Insgeheim hatten sie sich zwar, auch wenn es nach außen anders klang, durchaus eine Chance ausgerechnet. „Du kannst über eine Medaille nachdenken, aber nicht reden“, erklärte Claudia Künzel ihre Vorgehensweise. Doch die Voraussetzungen waren nicht optimal. Weder die letzten Ergebnisse im Weltcup noch die letzten Tage in Sapporo hatten den deutschen Läuferinnen Mut gemacht.

Zu Wochenbeginn konnte Sachenbacher, 26, in einem Interview lesen, ihr fehle es am nötigen Willen, technische Schwächen zu beheben. Weil diese Worte von Jochen Behle stammten, ihrem Bundestrainer, wurde daraus schnell eine mittelgroße Affäre. Sachenbacher fand zwar, mit Silber bei der Weltmeisterschaft „die richtige Antwort“ gegeben zu haben. Dass diese Antwort aber bereits das letzte Wort war, ist nicht zu erwarten.

Dafür ist das Thema schon zu lange auf der Agenda. Schon früher ist es ja zwischen ihr und ihrem Heimtrainer Wolfgang Pichler einerseits sowie Behle zu Differenzen gekommen. Bereits vor mehr als zwei Jahren warf der Bundestrainer ihr mangelnde Professionalität vor und bescheinigte Sachenbacher, sich mit dem Wechsel zu Pichler „zwischen die Stühle“ begeben zu haben. Die Beziehung ist schwierig, und ein einzelner Erfolg wird die grundsätzlichen Probleme nicht lösen. Auch nicht die gestörte Kommunikation mit dem Bundestrainer, die Sachenbacher am Freitag beklagte. Für die nächste Zeit wünscht sie sich, „dass er mal mit mir redet, nicht nur mit der Presse.“

Man könnte einwenden, dass auch sie diese Klage in der Öffentlichkeit geführt hat, aber das Thema lässt sich ja gar nicht ausblenden. Dabei würde Sachenbacher überhaupt nicht bestreiten, dass es bei ihr im technischen Bereich noch Spielraum nach oben gibt. Doch ihr fehlenden Willen zu unterstellen, findet sie unfair. „Ich verzichte auf so viel“, sagt sie. Außerdem sei sie „mit dieser Technik Olympiasiegerin und Weltmeisterin geworden.“ Und nun also Zweite bei der WM in Sapporo. Das brachte ihr auch von Bundestrainer Behle ein uneingeschränktes Lob ein. „Ganz hervorragend“ hätte das Duo die Vorgabe erfüllt, am Berg zu attackieren und bei den Abfahrten im strengen Gegenwind die Spitze zu meiden. Und als auf der vorletzten von sechs 1200-Meter-Runden das Tempo angezogen wurde, „hat Evi voll dagegengehalten“.

Die Hochgelobte verabschiedete sich mit Silber und der Aussicht auf eine ruhigere Nacht in Richtung Hotel. Ob Behle sie im Zielraum umarmt hat? „Weiß ich gar nicht mehr.“

Marc Beyer[Sapporo]

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