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Sport: Sind Sie Stürmerseelentröster, Herr Müller?

Als Torjäger ist er noch immer unerreicht, als Ratgeber weiterhin gefragt: Gerd Müller. Hier erzählt er, warum er Lukas Podolski ausschimpft und weshalb sich Miroslav Klose nichts sagen lässt

Herr Müller, tun Ihnen eigentlich die Nachfolger leid, die immer mit Ihnen verglichen werden?

Warum sollen die mir leid tun? Die gehen ja immer auf mich los und wollen meine Rekorde knacken.

Bisher hat es noch keiner geschafft, auch nur einen Ihrer Rekorde zu übertreffen. Wie schätzen Sie die heutigen Bayern-Stürmer ein?

Wir haben gleich eine Handvoll guter Stürmer. Der Trainer hat ja eher das Problem, dass er die gar nicht alle aufstellen kann. Und dennoch sind wir von einem Ribéry abhängig. Wenn der mal schlecht spielt, fehlt den Leuten in der Spitze der Vorbereiter.

Die in der Spitze werden ja immer am meisten mit Ihnen verglichen. Was gefällt Ihnen denn beispielsweise an Luca Toni?

Er hat sicherlich einen Torriecher und einen wunderschönen Spannschlag. Wie er den Ball in jeder Situation sauber trifft, das ist schon toll. Er ist aber nicht sehr beweglich. Wenn es um Schnelligkeit geht, dann hat er keine Chance.

Hat denn Miroslav Klose etwas, was Sie nicht hatten?

Der Klose ist sicher stärker im Kopfball. Da ist er Weltklasse mit seiner Sprungkraft und seinem Timing. Wie er in den Ball geht, das ist ein Traum. Er ist auch sehr beweglich und schnell. Aber unten am Boden schätze ich mich – vor 30 Jahren! – bei aller Bescheidenheit dennoch stärker ein.

Und Lukas Podolski?

Den ,Bua' habe ich mir kürzlich mal wieder zur Seite genommen, als wir uns zufällig an der Säbener Straße über den Weg gelaufen sind. Dann habe ich mal ein bisschen geschimpft, dass er oft gar nicht mitspielt. Ich mache ihm aber auch Mut, dass er manchmal mehr auf seine Stärken vertrauen muss. Dann sage ich ihm: ,Lukas, heute hast Du mir gut gefallen, aber warum hast Du in den zwei Szenen nicht selbst den Abschluss gesucht?’ Dann antwortet der Kerl, dass dann wieder alle meckern würden, wenn er den Ball nicht reinmacht!

Und was sagen Sie dann?

Dann sage ich ihm, dass er da durch muss. Er soll bloß alle meckern lassen. Lukas muss als Stürmer seine Tore machen und eben auch riskieren, dass er Kritik bekommt, wenn der Ball nicht reingeht. Trotzdem muss er weiter selbst den Abschluss suchen, weil das seine Stärke ist.

Hört er denn auf Sie? Das könnte man ja fast meinen, nachdem er nun plötzlich auch wieder Tore schießt.

Ich glaube schon, dass er mir vertraut. Der Lukas hört mir zu, wenn ich ihn mal anspreche. Er weiß genau, dass ich ein Fan von ihm bin und mich sein Talent überzeugt hat. Er kann viel mehr, muss sich aber dafür auch mal bewegen.

Woran hapert es denn bei ihm?

Wenn er ausgewechselt wird, kommt er damit nicht zurecht. Dann frisst er das in sich rein. Da tut es ihm gut, wenn ich auf ihn zugehe.

Sind Sie also ein bisschen in der Rolle des Stürmerseelentrösters?

Ich kann mich sicher noch heute in die Lage eines Stürmers reinversetzen, der nicht trifft. Das ist ja sogar mir manchmal passiert! (lacht)

Erreichen Sie auch die anderen Stürmer so wie Podolski?

Das ist nicht so einfach. Bei ausländischen Stürmern kommt ja das Sprachproblem dazu. Die verstehen mich ja kaum, schon gar nicht mit meinem bayerischen Dialekt.

Aber Miroslav Klose spricht ja Deutsch?

Aber der Klose wird sich von mir nix sagen lassen. Und das zurecht!

Warum?

Der Klose ist ein Weltklassemann, und der hat seine eigenen Stärken. Außerdem wäre das auch ein schlechtes Omen, wenn er auf mich hören würde.

Weshalb?

Beim Roy Makaay hat das Unglück gebracht, als er mir zuhören musste.

Wieso musste er Ihnen zuhören?

Die „Bild“-Zeitung hat uns vor geraumer Zeit mal ganz schön lange genervt, dass wir uns zu einem Interview zusammensetzen und über meine Rekorde sprechen und darüber, ob der Roy Makaay sich was von mir abschauen kann. Irgendwann haben wir es dann gemacht und anschließend hat der Makaay nicht mehr getroffen.

Sie waren also schuld an Makaays Ladehemmung!

Womöglich. Deswegen halte ich mich jetzt lieber zurück.

Das Gespräch führte Daniel Meuren.

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