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Ski alpin: Schneller als Riesch

Slalomfahrer Neureuther nervt zunehmend, dass er im Schatten des Stars steht.

Vor kurzem war es für Felix Neureuther an der Zeit, für klare Verhältnisse im deutschen Skiverband zu sorgen. „Die Leute glauben ja schon, dass die Maria Riesch schneller Slalom fährt als ich“, sagte der 24 Jahre alte Skirennläufer und grinste. Er hatte sich mit der seit vier Slalomrennen ungeschlagenen Maria Riesch auf dem Gudiberg in ihrem gemeinsamen Heimatort Garmisch-Partenkirchen getroffen, zum Stangentraining. Neureuther wollte keinen Zeitvergleich nennen, sie fuhren ja nur zu Übungszwecken, so viel aber verriet er doch: „Ich war schon noch deutlich schneller.“

Das Training mit der überragenden Skirennläuferin dieses Winters könnte ihn auch für die heutige Aufgabe beim Slalom in Wengen (9.45 Uhr, Start erster Durchgang, live im ZDF) gut gerüstet haben. „Ich habe mir noch sehr viel von ihr abschauen können“, sagte Neureuther. Tatsächlich fuhr er nach den gemeinsamen Übungsschwüngen zuletzt in Adelboden auf Rang drei, es war seine erste Podestplatzierung in diesem Winter. Ein weiterer dritter Platz folgte in dieser Woche im Europacup. Offenbar kommt Neureuther allmählich in Form, gerade rechtzeitig vor den Saisonhöhepunkten in Wengen, Kitzbühel, Schladming, Garmisch-Partenkirchen und vor der Weltmeisterschaft. „Das sind die Highlights, auf die ich mich extrem freue“, sagte Neureuther.

Bis Adelboden war die Saison für ihn unglücklich verlaufen, mit einem 20. Platz von Zagreb als beste Platzierung in drei Slaloms. „Der Druck ist immer größer und größer geworden“, sagte Neureuther. Und die Stimmung immer schlechter. Zur Weihnachtszeit durfte er sich auch noch Kritik vom ehemaligen Weltklasse-Skifahrer Marc Girardelli anhören. „Die Einzige, die eine professionelle Einstellung hat, ist Maria Riesch“, hatte der ehemalige Berater des Deutschen Skiverbandes gesagt, „Felix Neureuther besitzt nicht den unbedingten Willen, anscheinend genügt es ihm, eine Stufe oder zwei unter den Siegern zu stehen.“ Der Angesprochene stellte Girardelli am Rande des Slaloms in Zagreb zur Rede. „Das hat mich aufgeregt“, sagte Neureuther, „es kann schon einer sagen, dass ich ein fauler Hund bin, aber dann soll er es mir ins Gesicht sagen.“

Vielleicht auch deshalb bot der Erfolg von Adelboden „ein unbeschreibbares Gefühl“. Er brachte den fünften Podestplatz in Neureuthers Karriere (drei Mal Dritter, zwei Mal Zweiter) und die Befriedigung, den Kritikern eine passende Antwort gegeben zu haben. Nur ein Weltcupsieg fehlt ihm noch zum Glück. Das haben ihm Vater Christian Neureuther, der sechs Mal siegte, und Mutter Rosi Mittermaier, die zehn Mal gewann, noch voraus. Doch beim Showwettkampf in Moskau, bei dem die gesamte Weltelite am Start war, hat er bewiesen, dass er einen Slalom auch als Sieger beenden kann.

Bei Neureuther hatte sich vor dessen drittem Platz in Adelboden der ehemalige deutsche Slalomspezialist Alois Vogl gemeldet und gesagt: „Stecken fest in die Hand, Arme vor und g’scheit runterfahren!“ Es war zwar ein eher schlichter Ratschlag, trotzdem besteht Neureuther seither auf einem besonderen Ritual: Vogl soll vor jedem Rennen anrufen.

Jörg Köhle[München]

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