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© AFP

Skination Österreich: Weltuntergang abgewendet

Andrea Fischbachers Gold im Super-G rettet die Stimmung der Skifahrer-Nation Österreich. Da war schon Verzweiflung ausgebrochen, weil es weder im Abfahrtslauf noch im Super-G eine österreichische Medaille gegeben hatte.

Endlich konnten die Medien in Österreich ihren Lesern eine zünftige Schlagzeile liefern. Fast überall wurde Andrea Fischbacher zu „Gold-Fischi“, die mit ihrem Sieg im Super-G die erste Goldmedaille für die österreichischen Alpinen in Vancouver geholt hatte. Damit ist die aufkommende Weltuntergangsstimmung im Alpin-Land Austria – vor allem ausgelöst durch die schlechten Ergebnisse bei den Männern – erst einmal gelindert. In der Heimat war schon Verzweiflung ausgebrochen, weil es weder im Abfahrtslauf noch im Super-G eine österreichische Medaille gegeben hatte.

Österreichs Cheftrainer Toni Giger hatte sich nach der Super-G-Pleite der Männer in aller Form bei den daheimgebliebenen Fans entschuldigt. Benjamin Raichs 14. Rang als beste Platzierung eines Österreichers kam einer nationalen Schande gleich. Fischbacher selbst war vier Tage vor ihrem großen Triumph in Whistler Creekside in der Abfahrt noch um 0,03 Sekunden an Bronze vorbeigeschossen. „Vierte Plätze sind besch..., da setzt man alles dran, damit das nicht noch einmal passiert“, hatte sie vor dem Super-G deshalb angekündigt. Und setzte ihr Versprechen auf dem vom österreichischen Trainer Jürgen Kriechbaum gesteckten Kurs wuchtig in die Tat um.

„Da hat er mir einen perfekten Kurs gemacht“, bedankte sich Fischbacher artig. Und erläuterte ihren Vorteil gegenüber der amerikanischen Favoritin Lindsey Vonn: „Manchmal ist es besser zu attackieren als konservativ zu fahren, so wie ich das in der Abfahrt noch gemacht habe.“ Ob sie die haarscharf verpasste Abfahrts-Medaille besonders motiviert habe? „Yeah“, antwortete Fischbacher in schlichtem Englisch, diese „three Hundredstel“ seien wirklich schlimm gewesen. Jetzt aber hat Austria dank ihrer bei diesen Spielen endlich alpines Gold auf dem Konto. „Und dass es auch noch das erste ist“, schnaufte Fischbacher, von sich selbst beeindruckt, „ist echt verrückt.“

Fischbacher folgt damit den Spuren ihres berühmten Großcousins und zweifachen Olympiasiegers Hermann Maier. Der 37-Jährige, der vor vier Monaten seinen Rücktritt erklärt hatte, stammt wie Fischbacher aus dem Pongau, einem der fünf Gaue des Bundeslandes Salzburg. Um genau zu sein: Maier ist in Altenmarkt im Pongau zur Welt gekommen, die 24-jährige Andrea Fischbacher wohnt in Eben im Pongau. „Ich kenne ihn, er ist mein Cousin“, teilte Fischbacher mit. Danach erwähnte sie noch kurz ihre und Maiers Großmutter, zwei Schwestern, und schloss: „Mehr Kontakt gibt es nicht.“ Kontakt zu der besiegten Amerikanerin Lindsey Vonn gab es am Sonnabend auch nur bei der Siegerehrung. Bei der anschließenden Pressekonferenz aber traten zunächst Fischbacher und die Silbermedaillengewinnerin Tina Maze aus Slowenien gemeinsam auf – und nach ihnen die 25-jährige Vonn als Solistin. Vonn, die die Bronzemedaille im Super-G geholt hatte. Nur Bronze, wie manche meinen.

Die olympische Abfahrt hatte Vonn bereits gewonnen – und ehe das Super-G-Rennen auf dem ausgesprochen anspruchsvollen Kurs losging, plagte den aufgekratzten Stadionsprecher nur eine Frage: „Lindsey Vonn hat schon eine Goldmedaille, Maria Riesch auch. Wer von den beiden holt heute die zweite?“ Ein unsinniger Affront – speziell gegenüber Fischbacher, die als Mitfavoritin ins Rennen gegangen war. Riesch dagegen, am Donnerstag überglückliche Olympiasiegerin in der Super-Kombination, landete in der Endabrechnung auf Rang acht und gab zu: „Ich wollte schon noch mal etwas zeigen. Aber der Kurs heute war dann doch ein bisschen zu schwer für mich.“ Vor allem aber besaß das Gold, das sie zwei Tage zuvor eingeheimst hatte, noch immer eine enorme Strahlkraft. „Eigentlich“, stellte Maria Riesch zufrieden fest, „kann mir hier nichts mehr passieren.“ Auch ihre Freundin Lindsey Vonn blickte dem verbleibenden Programm mit Riesenslalom am Mittwoch und Slalom am Freitag recht nüchtern entgegen: „Um ehrlich zu sein: Besonders viel erwarte ich in diesen Rennen nicht mehr.“ Beim Super-G musste sich die Amerikanerin im Ziel für ihre zu defensive Fahrweise im zweiten Streckenabschnitt selbst tadeln. Danach aber verkündete sie stolz: „Das ist meine zweite Medaille hier. Und das ist mir genauso viel wert wie die goldene.“

Fischbacher war nach dem Frust aus der Abfahrt über ihre Medaille doppelt glücklich. „Ich hab mir nach der Abfahrt gedacht: Im Super-G schlag ich zurück, da hole ich mir die Medaille“, sagte Fischbacher. „Es ist nicht ganz zu begreifen – es ist einfach nur ein Traum.“

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