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Skispringen: Silber dilettiert

Nur einen Tag nach seinem zweiten Platz führt Martin Schmitt die deutschen Springer in die Pleite.

Liberec/Berlin - Eigentlich war es ein beschwerlicher Gang für Martin Schmitt am Freitagabend. Er musste sich einen orangefarbenen Regenschutz überziehen, seine Ski schultern und sich im Schneetreiben auf einen ungewöhnlichen Weg machen. Normalerweise verlässt ein Skispringer einen Berg im Flug, in Liberec aber musste Martin Schmitt die Großschanze am Jested per Fuß und Sessellift hinabklettern. Trotzdem dürfte es selten einen schöneren Abstieg für ihn gegeben haben. Er wusste in diesem Augenblick, dass er durch die witterungsbedingte Absage des zweiten Durchgangs die Silbermedaille bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft gewonnen hatte.

Am nächsten Abend nahm er wieder den üblichen Weg von der Großschanze – und wäre wohl besser zu Fuß hinabgestiegen. Mit 112,5 Metern sprang Martin Schmitt so kurz wie kein anderer seiner Teamkameraden, und die waren auch sehr schlecht gesprungen. Das Resultat des gemeinsamen Dilettierens war ein zehnter Platz im ersten Durchgang des Teamwettbewerbs und das Ende aller Medaillenhoffnungen. Die deutschen Springer qualifizierten sich noch nicht einmal für das Finale der besten acht, das Österreich vor Norwegen und Japan gewann. „Es war eine Anhäufung von individuellen Fehlern, die zu diesem sportlichen Supergau geführt haben“, sagte Bundestrainer Werner Schuster.

Wunderlich war vor allem die Leistungsschwankung bei Martin Schmitt. Am Freitag hatte ihm ein Flug auf 133 Meter die Silbermedaille auf der Großschanze von Liberec beschert. „Es ist ein Traum, dass ich bei einer Weltmeisterschaft noch einmal auf dem Podium stehe“, sagte er. Zuletzt war ihm das 2001 in Lahti gelungen, als er Weltmeister wurde. In den acht Jahren dazwischen lagen zahllose kurze Sprünge und zu früh gelandete Flüge. „Nach dieser langen Durststrecke so zurückzukommen, ist eine tolle Leistung“, sagte Bundestrainer Werner Schuster, „ich gönne ihm das von Herzen, er ist für eine tolle Saison belohnt worden.“

Am nächsten Abend aber hörte sich alles schon wieder ganz anders an. „Das ist ein Tag zum Vergessen“, sagte Martin Schmitt, „es ist nichts zusammengelaufen, ich habe keine Erklärung dafür.“ Seine Laune hatte er sich selber nur einen Tag nach seinem mit einer Medaille veredelten Comeback gründlich verdorben.

Werner Schuster hatte immerhin eine Erklärung parat. Michael Neumayer hatte mit 121,5 Metern im ersten Sprung schon rund acht Meter auf die führenden Teams verloren. „Danach hat Stephan Hocke gedacht: Jetzt hole ich das auf“, sagte der Bundestrainer, „es war ein Schneeball-Effekt.“ Michael Uhrmann blieb mit 121 Metern im Rahmen der Erwartungen. Die deutschen Springer haben zwar mit Schmitts Erfolg das WM-Ziel erfüllt, doch eigentlich sollte das Teamspringen der Höhepunkt werden. „Vielleicht wollten sie den absoluten Glanzpunkt setzen“, sagte Werner Schuster. Was offenbar zu viel war. Trotzdem wollte der Bundestrainer die Pleite auch nicht überbewerten. Er sagte nur: „Gestern war nicht alles super und heute ist nicht alles Scheiße.“ (mit dpa)

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