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Carina Vogt hat in ihrer Karriere erst zwei Weltcup-Springen gewonnen, doch bei den drei wichtigsten Wettkämpfen der Frauen in den vergangenen drei Jahren siegte sie jedes Mal.

© dpa

Skispringerin verteidigt in Lahti ihre WM-Titel: Carina Vogt - Immer zur rechten Zeit

Skispringerin Carina Vogt gelingt es auch bei der Nordischen Ski-WM in Lahti, wie immer zum Saisonhöhepunkt alle Konkurrentinnen zu besiegen.

Von Johannes Nedo

Die Bürgermeister von Schwäbisch Gmünd und Waldstetten planen schon den großen Empfang. Am Freitag oder Samstag soll er stattfinden, und natürlich werden sich die Vertreter des Geburtsorts und des Heimatorts von Carina Vogt etwas Besonderes für sie überlegen. Sie haben ja schon eine gewisse Erfahrung darin. 2014 nach ihrem Olympiasieg in Sotschi gab es einen großen Bahnhof für sie, ebenso 2015 nach ihren WM-Goldmedaillen im Einzelspringen und mit dem Mixed-Team.

Denn nun, da die 25-Jährige bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Lahti ihre beiden Titel verteidigt hat, steht Vogt wieder im Rampenlicht, das sie eigentlich gar nicht so mag. Sie ist zurückhaltend, fast etwas unsicher auf der großen Bühne. Umso erstaunlicher ist ihre außergewöhnliche Serie. Im Skisprung-Weltcup hat Vogt bisher in ihrer Karriere erst zweimal gewonnen – 2015 war das. Doch bei den drei wichtigsten Wettkämpfen der Frauen in den vergangenen drei Jahren gewann sie jedes Mal: bei den Olympischen Winterspielen und bei den zwei zurückliegenden Weltmeisterschaften.

„Warum es immer wieder bei Großereignissen funktioniert, weiß ich selbst nicht“, sagt Vogt. „Ein wenig verrückt ist das alles schon. Es scheint so, als hätte ich irgendwohin einen sehr guten Draht.“ Doch daran allein kann es nicht liegen, dass sie immer genau dann, wenn es wirklich zählt, ihre besten Leistungen zeigt, während etwa die Japanerin Sara Takanashi, die bereits 53 Weltcup-Springen gewonnen hat und die Konkurrenz bei den Frauen dominiert, bei Höhepunkten regelmäßig Nerven zeigt. „Ich muss niemandem mehr irgendwas beweisen“, sagt Vogt. „Alles was nach den ersten Titeln gekommen ist, ist Zugabe.“

Vogt feilt selbst an den kleinsten Details

Besonders diese Selbstsicherheit und das Vertrauen in die eigenen Stärken sind es, die Vogt so von ihren Konkurrentinnen unterscheidet. „Es zeichnet Carina einfach aus, dass sie bei Großereignissen absolut cool bleibt“, betont Bundestrainer Andreas Bauer. „Es gibt viele Athletinnen, die einfach überdrehen. Carina ruht in sich, sie braucht ihre Rückzugszonen und nimmt sie sich.“

Daraus zieht Vogt dann so viel Kraft, dass sie sich in besonderen Momenten stets weiter steigern kann. Das gelang ihr am vergangenen Freitag im Einzelspringen eindrucksvoll, und eben auch im Mixed-Teamwettbewerb am Sonntag. „Sie ist weltmeisterlich gesprungen, ich bin total beeindruckt“, lobte auch der Männer-Bundestrainer Werner Schuster. Vogt sprang im ersten Durchgang mit ihren 98 Metern sogar weiter als einige der besten Männer: weiter als der österreichische Weltmeister Stefan Kraft (96,5 Meter) oder ihr Teamkollege Markus Eisenbichler (95,5 Meter). Das liegt allerdings vor allem daran, dass die Frauen von einer höheren Startluke die Schanze herunterrauschten.

Am Sonntag starteten die Frauen von Luke 18 und die Männer von Luke zwölf oder 13, so hatten die Frauen eine längere Anfahrt und kamen auf eine schnellere Geschwindigkeit: Mit ihren 86 Kilometern pro Stunde war Vogt etwa zwei bis drei Kilometer pro Stunde schneller als die Männer. Außerdem haben die Frauen mehr Spielraum bei ihren Anzügen und erhalten so etwas mehr Tragfläche in der Luft.

Erst Bundestrainer Bauer entdeckte ihr Potenzial

Um das Maximale herauszuholen, arbeitet Vogt selbst an den kleinsten Details. In Lahti strebte sie nach dem optimalen Hock-Winkel während der Anfahrt, dafür setzte sie den Keil an ihrem Schuh um drei Millimeter zurück. Und genau diese Winzigkeit half ihr offenbar. „Carina hat ihre Technik immer weiter ausgefeilt“, schwärmt Bauer. Diese Strebsamkeit hatte Vogt zu Beginn ihrer Karriere aber offenbar niemand zugetraut. „Als ich 2011 Bundestrainer wurde, hat mir niemand Carina empfohlen. Es hieß: Sie hat kein Talent und weiß nicht, was sie will“, sagt Bauer. Auch Vogt gibt zu, dass sie sich als Teenager schwer damit tat, sich allein auf das Skispringen zu konzentrieren. „Mit 17,18 habe ich ja mal aufgehört“, sagt sie. Und als Bauer kam, funktionierte es auch nicht sofort. „Wir hatten keinen einfachen Start. Dann hat er aber den Draht zu mir gefunden und mein Potenzial entdeckt.“

Dieses Potenzial hat Vogt in Lahti bereits zum fünften Mal vergoldet. Wenn sie an diesem Dienstag nun zurückreist in die Heimat, sind erst einmal ein paar Tage zu Hause eingeplant. Zum Ruhe finden nach all der Aufregung und vor dem Empfang Ende der Woche. In einem Jahr steht dann übrigens schon der nächste Höhepunkt an: Olympia in Pyeongchang.

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