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Noch nicht wieder richtig in Schwung. Lindsey Vonn fuhr am Wochenende in Österreich ihren eigenen Ansprüchen hinterher. In der Abfahrt wurde sie nur Sechste – so schlecht war sie seit vier Jahren nicht mehr. Immerhin Vierte wurde sie im Super-G.

© dpa

Skistar Lindsey Vonn: Die Show muss weitergehen

Kürzlich hatte sie von psychischen Problemen berichtet und eine Pause eingelegt. Doch bei ihrer Weltcup-Rückkehr gibt Skirennfahrerin Lindsey Vonn kaum Auskunft über ihr wahres Befinden.

Wenn Lindsey Vonn im Ziel abschwingt, ist sie kurzzeitig ganz bei sich selbst. Einen Augenblick, ein paar Sekunden lang verzichtet sie auf ihre übliche Show. Die US-amerikanische Skirennläuferin ist am Wochenende in St. Anton nach fast vierwöchiger Auszeit zurückgekehrt in den Weltcup. Am Samstag wurde sie Sechste in der Abfahrt und am Sonntag im Super-G Vierte. Resultate, die bei der einstigen Dominatorin in den schnellen Disziplinen keine große Begeisterung auslösen – weder im ersten Moment, noch später.

Zwar lag Vonn beim Super-G zunächst in Führung, aber sie wusste, dass die Leistung wohl nicht reichen würde für den Sieg. Sie lächelte, aber sie strahlte nicht. Sie wog den Kopf hin und her, als ob sie sagen wollte: Naja, ganz okay, aber nichts Großartiges. Das war dagegen die Leistung von Tina Maze, sie siegte vor der Österreicherin Anna Fenninger und Fabienne Suter aus der Schweiz. Die Slowenin ist nun die sechste Skirennläuferin nach Petra Kronberger, Pernilla Wiberg, Anja Pärson, Janica Kostelic und Lindsey Vonn, die Siege in allen fünf Alpin-Disziplinen geschafft hat.

Am Samstag hatte Vonn ähnlich reagiert. Es war ihr schlechtestes Abfahrtsergebnis seit fast vier Jahren, mal abgesehen von ihrem Ausfall in Val d’Isere im Dezember. Maria Höfl-Riesch vermutete, dass die Kollegin wohl nicht zufrieden sein werde. „Ihr fehlt aber noch die Zeit auf Ski, deshalb ist es ein ordentliches Comeback“, sagte die deutsche Skirennfahrerin, die ihre eigene Leistung dagegen nicht so gut fand. Dem enttäuschenden 19. Platz in der Abfahrt folgte ein solider fünfter Platz im Super-G.

Kaum schnallte Lindsey Vonn am Wochenende die Ski ab, war sie wieder das perfekte Showgirl. Nach der Abfahrt eilte sie zu ihrer Teamkollegin Alice McKennis, drückte und herzte die Führende, weil sie schon ahnte, dass wohl keine mehr schneller sein würde. Später bekam die Überraschungssiegerin noch eine Abreibung von der berühmten Landsfrau im Schnee. Ausgelassen feierte das amerikanische Team den ersten Erfolg von McKennis, mittendrin war Vonn, die ebenfalls zu den Hauptpersonen des Wochenendes gehörte.

In St. Anton war Vonns Umfeld bemüht, sie abzuschotten.

Sie verließ am Samstag nur deshalb die kleine amerikanische Schneeparty vorzeitig, um der Skiwelt mitzuteilen, wie gut es ihr geht. Mitte Dezember war sie ausgestiegen aus dem Weltcup, nachdem sie in Val d’Isere in der Abfahrt gestürzt war. Die Kraft fehle ihr nach der Darminfektion im November, hatte Vonn erklärt. Aber die Pause gab Rätsel auf, weil Vonn kurz zuvor in einem vielbeachteten Interview über ihre psychischen Probleme gesprochen hatte.

Daheim in Colorado arbeitete Vonn an ihrer Kondition. Anfang Januar kehrte sie nach Europa zurück und bereitete sich auf einem Übungshang in Hinterreit im Salzburger Land auf ihr Comeback vor. In St. Anton war ihr Umfeld darum bemüht, sie abzuschotten. Der Sprecher des amerikanischen Verbandes zog sie stets schnell von den Journalisten weg. Nach dem Training durfte sie exakt eine Minute und fünfzehn Sekunden reden, am Samstag bekam die Olympiasiegerin neben ein paar Fernsehinterviews etwas mehr als zwei Minuten Zeit, und am Sonntag waren es rund drei Minuten – aber nur, weil sich Lindsey Vonn der Rückzugsaufforderung des Sprechers entzog.

Immer wieder betonte sie wie „extrem glücklich“ sie sei. Weil sie zurück ist im Weltcup und in der amerikanischen Mannschaft. Weil am Samstag eine Landsfrau gewonnen hatte. Sie freute sich über „zwei solide Leistungen“ und versprach, dass es in Cortina d’Ampezzo am Wochenende sicher besser werde. Die Worte klangen auswendig gelernt, sie leierte die Sätze herunter. Immerhin der „Neuen Züricher Zeitung“ gab sie etwas intensiver Auskunft. Da sagte sie: „Ja, ich bin ein glücklicher Mensch, aber nicht immer.“

Das klingt ehrlich, so ehrlich, wie sie manchmal nur beim Abschwingen im Ziel reagiert.

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