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Echt nur mit weißen Handschuhen. Bei Snooker-Turnieren wie dem German Masters in Berlin gibt es einen strikten Dresscode. Der gilt auch für die Schiedsrichter.

© imago/Contrast

Snooker-Schiedsrichterin Luise Kraatz: Verheiratet mit dem Tisch

Die deutsche Schiedsrichterin Luise Kraatz ist eine der wenigen Frauen in der Männerdomäne Snooker. Beim German Masters in Berlin hat sie ein Heimspiel.

Die Weltrangliste im Snooker führt 129 Spieler. Dominiert wird sie traditionell von Briten, vertreten sind auch immer mehr Chinesen. Dabei haben alle Profis eines gemeinsam: Sie sind durchweg männlich. Auch wenn die Turniere offen für beide Geschlechter sind, ist professionelles Snooker eine Männerdomäne. Zumindest, was die Spieler betrifft.

Denn unter den Schiedsrichtern nimmt die Zahl der Frauen seit Jahren langsam zu. Beim German Masters sind Luise Kraatz und die Bulgarin Desislava Bozhilova dabei. Für Kraatz, die am Sonntag 27 Jahre alt wird, ist das Turnier in Berlin ein Heimspiel. Zwar wurde sie in Mecklenburg-Vorpommern geboren und wohnt mittlerweile in der Nähe von Manchester, „die meiste Zeit meines Lebens habe ich aber in Berlin verbracht“, erzählt Kraatz. In Kreuzberg begann sie vor etwa zehn Jahren mit dem Snooker. Kurz darauf leitete sie die ersten Turniere in ihrem Verein als Schiedsrichterin. „Ich wollte einfach mehr über die Regeln erfahren“, sagt Kraatz. Dass sie einmal gemeinsam mit professionellen Snooker-Spielern am Tisch stehen würde, damit habe sie nie gerechnet.

Luise Kraatz bei einem Turnier in Glasgow.
Luise Kraatz bei einem Turnier in Glasgow.

© World Snooker

Denn der Schritt von Amateur- zu Weltranglistenturnieren ist groß. Nur die besten Schiedsrichter werden von World Snooker gebucht und erhalten ein Honorar. Reich wird man auch damit nicht. „Ich habe durchschnittlich ein Turnier pro Monat“, erzählt Kraatz, „um davon zu leben, bräuchte ich mindestens zwei, und die müssten auch sicher sein.“

Ziel: Weltmeisterschaft in Sheffield

Derzeit jobbt sie in Teilzeit in einem Supermarkt, auch wenn sie einen Master in International Business Science hat. Eine Arbeitsstelle in der Wirtschaft ist momentan keine Option. „Ich habe im Snooker noch große Ambitionen, das wäre zu zeitaufwändig“, sagt Kraatz. Was ihre Ziele betrifft, gebe es kein Limit. Einmal ein Spiel bei der Weltmeisterschaft in Sheffield zu leiten, sei aber ein Traum.

Benachteiligt oder weniger ernst genommen fühlt sie ich als eine der wenigen Frauen nicht. „Ich hab da noch nie negative Erfahrungen gemacht“, sagt Kraatz. Auf die Frage, warum es unter den Tospielern keine Frauen gibt, kennt sie auch keine Antwort. „Das kann sich niemand so richtig erklären“, sagt Kraatz, die selbst in einer lokalen Liga spielt. Immerhin beim weiblichen Schiedsrichternachwuchs tue sich etwas. „Aus Polen und Bulgarien kommen einige Schiedsrichterinnen nach“, sagt Luise Kraatz, in Deutschland gebe es bei den Lehrgängen auch mehr Frauen als früher.

Ihr Debüt bei einem Weltranglistenturnier gab Kraatz 2014 in Fürth. „Am Anfang mussten mich meine Freunde fast überreden, für World Snooker zu schiedsen“, erinnert sich Kraatz, „ich war so aufgeregt.“ In die Rolle als Referee müsse man hineinwachsen. Ein guter Schiedsrichter, und das unterscheidet Snooker nicht von anderen Sportarten, müsse die Spieler unterstützen, dabei aber so weit im Hintergrund bleiben wie möglich.

Ein Leben ohne Snooker? Unvorstellbar!

Das ist beim Snooker durchaus wörtlich zu verstehen. Im schwarzen Anzug stehen die Schiedsrichter einige Meter vom Tisch entfernt und müssen diesen genau im Blick haben. Sie zählen die Punkte, sind mit ihren weißen Handschuhen aber auch dafür zuständig, die Kugeln aus den Löchern zu holen und – das ist die wohl schwerste Aufgabe – diese im Falle eines Fouls wieder an ihre vorherigen Positionen zu legen.

Ob sie bei großen Turnieren wie im Tempodrom oder wie früher auf lokaler Ebene im Einsatz ist, mache für ihre Vorbereitung keinen Unterschied. „Es ist eher schwieriger, die Konzentration im kleinen Rahmen hochzuhalten.“ Am Donnerstag leitete Kraatz das Spiel zwischen Weltmeister Mark Selby und Thepchaiya Un-Nooh, das live auf Eurosport übertragen wurde. „Das war eine große Ehre für mich, aufgeregter als sonst war ich aber auch nicht“, sagt Kraatz.

Früher stand sie oft vor der Entscheidung, ob sie bei einem Turnier selbst natreten oder doch lieber den Job Schiedsrichterin annehmen solle. Die Antwort war eindeutig: „Beim Schiedsen fühle ich mich einfach wohler“, sagt Luise Kraatz. Ein Leben ganz ohne Snooker kann sie sich nicht vorstellen, das sieht man schon auf ihrem Twitter-Profil. Neben einem Foto von ihr am Tisch steht: „Married to snooker.“

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