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Snowboard-Halfpipe Weltcup - Mathieu Crepel

© dpa

Snowboard: Energie aus der Halfpipe

Die Snowboarder sehen sich als Spaßfraktion der Spiele – doch die Entwicklung ist nicht nur positiv: Die Tricks werden gewagter, die Verletzungen schwerer. Schon fordern Kritiker ein Verbot neuer Sprünge.

Einen Tag vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele versuchte die ehemalige Skirennfahrerin Piccabo Street, die gesamte Olympiamannschaft der USA auf die Magie der Spiele einzustimmen. „Sie hat erzählt, wie man die Spiele genießen kann, weil das offenbar nicht jedem gelingt“, berichtet Gretchen Bleiler, „dann hat sie zu uns Snowboardern herübergeschaut und gesagt: Ich rede nicht von Euch. Ich weiß, dass Ihr Spaß haben werdet.“

Zwölf Jahre ist es nun her, seit Snowboarden in Nagano zum ersten Mal in das olympische Programm aufgenommen worden ist, um den Spielen ein modernes und jugendlicheres Gesicht zu geben. Das gilt auch für das Jahr 2010 noch. Weiterhin empfinden sich zumindest die Freestyle-Snowboarder als die Spaß- und Alternativfraktion unter den olympischen Winterathleten. „Ich weiß nicht, ob die anderen Athleten uns verachten, weil wir so viel Spaß haben“, sagt Gretchen Bleiler, die als eine der Favoritinnen der Frauen in die Halfpipe geht, „wenn wir in den Raum kommen, ist da eine andere Energie und man erkennt sofort: Das sind die Snowboarder.“ Doch wenn am Mittwoch und Donnerstag (Ortszeit) in Cypress Mountain zum vierten Mal olympische Goldmedaillen für Sprünge und Drehungen in der Halfpipe vergeben werden, gibt es auch eine nicht so lustige Entwicklung zu beklagen: Der Sport wird auch immer gefährlicher.

Das musste Kevin Pearce feststellen, der als einer der Favoriten auf eine Goldmedaille galt. Der US-Amerikaner verunglückte am 31. Dezember im Training derart schwer, dass er lange mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma im Koma lag. Inzwischen soll es ihm wieder besser gehen.

Shaun White gilt aus Superstar der Szene

Einer der Hauptverantwortlichen für die Entwicklung ist der olympische Titelverteidiger und große Goldfavorit Shaun White aus den USA, der Superstar der Snowboard-Szene. Allein für ihn hat sein Sponsor in Silverton, Colorado, eine Halfpipe gebaut, die nur mit dem Hubschrauber erreicht werden kann und auf der er unbehelligt von Beobachtern neue Tricks einüben kann. „Jede Saison versuche ich, etwas noch besser zu machen“, erklärt der 23 Jahre alte Snowboard- und Skateboardprofi. Diesmal brachte er neben dem Double McTwist 1260 den Double Cork heraus – einen doppelten Salto mit dreifacher Schraube. Und genau bei dem Versuch, diesen Sprung zu kopieren, ist Kevin Pearce verunglückt. „Die Entwicklung, die das Halfpipe-Snowboarden im letzten halben Jahr genommen hat, ist rasant gewesen“, sagt Christophe Schmidt, der einzige deutsche Starter am Mittwoch, „doch wenn Tricks gesteigert werden, gibt es auch mehr Verletzungen.“ Inzwischen gibt es Kritiker, die ein Verbot der neuen Sprünge fordern.

„Für mich, der ich diese Tricks eingeführt habe, ist das empörend“, sagte Shaun White, der aufgrund seiner herausragenden Stellung in der Snowboardszene nicht nur Freunde hat. Stürze seien Teil seiner Sportart, sagt er, „wir stürzen, stehen auf und versuchen den Trick noch einmal und wenn wir ihn dann schaffen, ist es das beste Gefühl, das man haben kann“. Er glaubt, dass sein Sport auf dem richtigen Weg ist, weil die Sprünge immer kreativer werden. „Es ist auch gut, wenn die Pipes immer größer werden“, sagt Shaun White, „in der Luft mehr Zeit zu haben für die Tricks – das ist der beste Weg.“ Für seine Läufe am Mittwoch kündigte der klein gewachsene Snowboarder mit den langen roten Haaren noch eine kleine Überraschung an.

Den Vorschlag eines Journalisten bei der Pressekonferenz vor den Spielen, den Double Mc Twist 1260 doch BigMac zu nennen, fand Shaun White zu Recht nur mäßig lustig. „Aber ich hätte ihn beinahe Tomahawk genannt“, erzählt er, „das war der Name eines Steaks, das ich in Aspen gegessen habe, es war riesig.“ Das gesamte Auditorium lacht. Ist doch lustig mit diesen Snowboardern.

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