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Gerhard Janetzky (60) ist Präsident des Berliner Leichtathletik-Verbandes und seit 2002 Mediendirektor des Internationalen Stadion-Festes (Istaf). Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Sport: „So kann man keine Helden aufbauen“

Istaf-Direktor Gerhard Janetzky über die Probleme der Leichtathletik im Fernsehen und den langen Streit um Liveübertragungen von der WM

Herr Janetzky, ARD und ZDF haben sich nach Tagesspiegel-Informationen mit der Vermarktungsagentur des Leichtathletik-Weltverbands geeinigt, es gibt Livebilder von der WM in Südkorea. Welcher Schaden ist aus Ihrer Sicht von der deutschen Leichtathletik abgewendet worden?

Also, wenn es wirklich so sein sollte – noch weiß ich das nicht offiziell –, dann gibt es nach der EM in Barcelona eine weitere Chance, die deutschen Stars zu zeigen. Außerdem ist die WM natürlich eine Woche vor dem Istaf eine exzellente Werbung für das Meeting in Berlin. Und das Istaf ist bekanntlich das zuschauerstärkste Ein-Tages-Meeting der Welt.

Die Verhandlungen zogen sich über viele Wochen. Können Sie verstehen, dass ARD und ZDF die geforderten 15 Millionen Euro nicht bezahlen wollten, weil die Entscheidungen in Deutschland am Mittag stattfinden, wo kaum jemand zuschaut?

Na ja, man findet schon Fans, die zuschauen. Wenn es eine Fußball-WM wäre, dann würde man auch in den Mittagsstunden senden. Wir brauchen einfach diese Liveübertragung. Es kann ja wohl nicht sein, dass Volker Herres, der Programmchef der ARD, sagt, durch den Verzicht auf die WM könne man vier Millionen sparen und damit den Eurovision Song Contest mit Lena teilfinanzieren. Das kann bei einem öffentlich-rechtlichen Anspruch nicht das Thema sein.

Sie kennen als langjähriger Istaf-Meetingdirektor den harten Kampf um Sponsoren. Wie hätten die auf einen WM-Verzicht reagiert?

Die Sponsoren wollen die öffentlich-rechtliche Plattform haben. Die ist enorm wichtig. Privatsender haben sich ja nicht um die Rechte an der WM beworben, jedenfalls ist mir nicht bekannt, dass etwa RTL dafür geboten hat.

Ist denn nicht das größte Problem, dass der Weltverband IAAF seine TV-Rechte nicht selbst vermarktet hat, sondern an eine Agentur vergab, die natürlich maximalen Gewinn erzielen wollte und die Preise in die Höhe trieb? Es war doch zu erwarten, dass ARD und ZDF diese horrenden Preise nicht bezahlen würden.

Nein, zu erwarten war das nicht. Man muss auch hier die IAAF verteidigen. Dieses Geld wird verwendet für Preisgelder und Reisekostenzuschüsse für Athleten.

Vielleicht ist es auch deshalb so schwer, in Deutschland viel Geld zu kassieren, weil die Marke Leichtathletik nicht mehr so leuchtet wie früher. Immer mehr Meetings werden mangels Sponsoren eingestellt. Der deutsche Verband hat gerade seine Gala in Wattenscheid beerdigt.

Klar ist aber auch, dass sich die Leistungen der deutschen Leichtathletik seit den enttäuschenden Olympischen Spielen 2004 enorm verbessert haben. Schauen Sie doch mal, was die Deutschen 2010 bei der EM in Barcelona gewonnen haben. Barcelona haben im Schnitt 2,4 Millionen Zuschauer verfolgt, das sind doppelt so viele Fans wie beim Skispringen oder Eisschnelllauf. Wenn es deutsche Medaillenkandidaten gibt, und die haben wir, dann funktioniert es.

Allerdings sind die Leichtathletik-Stars nicht so populär wie zum Beispiel die Biathletin Magdalena Neuner.

Ja, wie denn auch? Wenn man im Jahr nur drei oder vier Stunden Leichtathletik im Fernsehen sieht, kann man keine Helden aufbauen. Verena Sailer ist 100-Meter-Europameisterin, Robert Harting Diskus-Weltmeister, das sind ja große Namen, aber denen muss man auch die Chance geben, dass sie sich darstellen.

Bei vielen Leichtathletik-Übertragungen gibt es entweder zu viele Pausen oder es findet so viel gleichzeitig statt, dass man den Überblick verliert.

Keine Frage, die Leichtathletik muss sich auch ändern. So ein Wettbewerb sollte nicht länger als zwei Stunden dauern. Fußball ist ideal, da kann man nach 45 Minuten eine Bratwurst essen, und nach 90 Spielminuten ist alles vorbei. Wenn man sich darauf einstellt, hält man die Zuschauer. Denn Leichtathletik ist unverändert eine Breitensportart.

Da wird sich bei einer WM allerdings die IAAF bedanken. Kürzere Wettkämpfe bedeuten weniger Geld.

Ja, das ist die andere Seite der Medaille. Wenn ich die Rechte für vier Tage verkaufe, erhalte ich weniger Geld, als wenn ich sie für sieben Tage veräußere. Das ist halt ein komplexes Problem.

Im Winter senden ARD und ZDF sehr erfolgreich teilweise acht Stunden am Stück Wettbewerbe von Randsportarten wie Rodeln oder Eisschnelllauf. Wieso funktioniert das bei Sommersportarten nicht?

Weil die wichtigen Verbände, Leichtathletik, Schwimmen und zum Beispiel Rudern, noch nicht genügend harmonieren und zusammenarbeiten. Die machen es ARD und ZDF nun wahrlich nicht leicht, eine Sportschiene aufzubauen.

Das Gespräch führte Frank Bachner.

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