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Sport: So meisterlich

Werder Bremen schlägt desolate Hamburger 6:0 und kommt mit sechs Punkten Vorsprung dem Titel immer näher

Bremen. Am Ende durfte sogar noch Victor Skripnik ran. Hamburgs Abwehrspieler Bastian Reinhardt hatte in der 84. Minute des Nordderbys zwischen Bremen und dem Hamburger SV auf höchst ungeschickte Weise im Strafraum den Ball mit der Hand gespielt und so einen Elfmeter verursacht. Skripnik nahm sich den Ball, lief an und verwandelte zum 6:0-Endstand für Bremen. Der Außenverteidiger, der am Ende dieser Saison seine Karriere beendet, ist so etwas wie der Inbegriff der Bremer Durchschnittlichkeit der vergangenen Jahre - er spielt solide, aber glanzlos. Dass Skrpinik einen Elfmeter schießen darf, ist deshalb so etwas wie eine Sensation.

Aber es war ja auch kein gewöhnliches Spiel. Auf die Verbalattacken aus München in der vergangenen Woche hatten die Bremer Fans schon vor dem Spiel eine Antwort. „Wer glaubt an Spuk und Geister - Werder Deutscher Meister", hatten sie auf riesige Transparente geschrieben. Ähnlich entschlossen wie das Publikum ging auch die Mannschaft zu Werke. Schon beim Anstoß der Hamburger eroberte Werder-Stürmer Ivan Klasnic den Ball, eine Szene die bezeichnend für das gesamte Spiel des HSV sein sollte. Nach 30 Sekunden musste Hamburgs Torhüter Tom Starke bereits den ersten gefährlichen Schuss von Tim Borowski abwehren. HSV-Trainer Klaus Toppmöller hatte dem jungen, unerfahrenen U-21-Nationalspieler den Vorzug gegenüber Stammtorhüter Stefan Wächter gegeben.

Es war ein Einstand, wie er schlechter kaum hätte sein können. Nach 17 Minuten war Starke zum ersten Mal geschlagen. Den ersten Bremer Treffer nach zuletzt zwei torlosen Spielen besorgte ausgerechnet ein Hamburger. Sergej Barbarez hatte einen Eckball von Bremens Johan Micoud mit dem Kopf ins eigene Tor gelenkt, unhaltbar für Starke. Toppmöller hat seinem Torhüter mit diesem Einsatz keinen Gefallen getan. Den recht unplatziert geschossenen Freistoß von Ismael zum vorentscheidenden 2:0 für die Bremer hätte Starke halten können.

Auch in der Offensive war der HSV harmlos. Einzig Barbarez, der mit einem Lattenschuss Mitte der ersten Halbzeit die größte Hamburger Chance hatte, machte den Eindruck, sich gegen die Niederlage zu wehren.

Auch beflügelt durch den Zwischenstand aus Köln stürmte Werder weiter. Die zuletzt glücklosen Werder-Stürmer Ivan Klasnic (39.) und Ailton (48.) erhöhten auf 4:0. Die Hamburger Abwehr agierte dabei derart desolat, dass Toppmöller sich anschließend nicht einmal mehr öffentlich darüber aufregen wollte. Wortkarg trat er vor die Presse. Er sei „zutiefst enttäuscht“, sagte der HSV-Trainer. „Ich möchte mich bei allen Fußballfans für diese Leistung entschuldigen.“

Der Trainer muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Mannschaft ausgerechnet in diesem schweren Spiel mit einem Torwartwechsel verunsichert zu haben. Am Torwart habe es jedoch nicht gelegen, betonte Toppmöller. Das wohl nicht, aber Starke schloss sich dem kollektiven Versagen seiner Vorderleute an. Beim 5:0 durch den eingewechselten Nelson Valdez ließ sich Starke vom jungen Stürmer aus Paraguay von der Torauslinie so unglücklich anschießen, dass der Ball ins Tor sprang.

Das Bremer Publikum feierte da längst die Meisterschaft - dass Bayern in Köln inzwischen in Führung gegangen war, ging im allgemeinen Jubel fast unter. Mit diesem Sieg hat die Mannschaft von Trainer Thomas Schaaf nicht nur den Abstand auf die Bayern halten können, sondern auch die Tordifferenz ausgebaut. „Das ist fast ein zusätzlicher Punkt“, urteilte Werders Sportdirektor Klaus Allofs. Nächste Woche geht es zum FC Bayern. Nirgendwo lieber als dort wollen die Bremer anfangen, die Meisterschaft zu feiern.

Steffen Hudemann

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