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Sport: So schnell wie nur er selbst

Nicht verwirrt, nicht verletzt: Der Olympiasieger über 100 Meter heißt wieder USAIN BOLT. Der Jamaikaner rannte erneut der Konkurrenz davon – im schnellsten Rennen aller Zeiten.

Bei leichtem Rückenwind verpasste er den Weltrekord nur um fünf Hundertstel

Ein Blitz aus heiterem Himmel. Lightning Bolt hat eingeschlagen. Er zuckte durch dieses Finale wie ein Strich. So schnell wie nur er selbst sein kann, hat Usain Bolt den 100-Meter-Lauf gewonnen, in 9,63 Sekunden, der zweitkürzesten jemals gelaufenen Zeit nach seinem Weltrekord 2009 in Berlin, als er noch einmal fünf Hundertstel eingespart hatte.

Der Olympiasieger heißt wieder Usain Bolt – nach einer geradezu selbstverständlichen Leistung in London. Als ob der Jamaikaner nie weggewesen wäre. Nicht verwirrt durch seinen Fehlstart im vergangenen Jahr bei der WM. Nicht verletzt. Und als ob alle anderen eben nur alle anderen wären. „Ich war auf den Punkt konzentriert, denn ich wusste, was ich kann“, sagte er. „Ein Stück dieser Medaille geht auch nach Deutschland“, erklärte Bolt in Anspielung auf seinen Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. „Er ist der beste Arzt der Welt.“

Sein ärgster Verfolger und bester Kumpel Yohan Blake lief nach Bolt lächelnd über die Ziellinie und schien sich auch auf der Ehrenrunde sichtlich wohlzufühlen in der Rolle als zweitschnellster Mann der Welt. Der Jamaikaner Blake brauchte 9,75 Sekunden und stellte damit seine persönliche Bestzeit ein. Auf Platz drei sprintete der US-Amerikaner Justin Gatlin in 9,79 Sekunden, so schnell war er vorher noch nie. Und so schnell war auch noch nie ein 100-Meter-Rennen. Außer Asafa Powell, der sich im Rennen verletzte, rannten alle Finalisten unter zehn Sekunden.

Im Ziel blieb Gatlin zusammen mit seinen beiden Landsleuten Tyson Gay und Ryan Bailey stehen, es sah aus wie ein Krisenrat. Wie sollen wir diese Jamaikaner nur besiegen, wenn am Ende der Woche das Staffelgold verteilt wird? 80 000 Zuschauer im Stratford Stadium hatten auf jeden Fall ihren Spaß.

Dafür sorgte vor allem Usain Bolt als Zeremonienmeister. Schon die Überwachungskamera im Aufwärmbereich war nicht vor ihm sicher. Dort machte er die ersten Faxen und wirkte vor dem Finale gelöst, aber auch konzentriert wie lange nicht. Bevor es an die Vorstellung der Läufer ging, drückte er noch seinen Landsmann Powell. Dem sollte das allerdings kein Glück bringen. Er bekam im Finale einen Krampf und konnte nur ins Ziel schlendern.

Drei Jamaikaner gegen drei US-Amerikaner lautete die Ansetzung dieses Finales. Churandy Martina aus den Niederlanden und Richard Thompson aus Trinidad und Tobago komplettierten den Lauf. Die Briten steuerten das Wetter bei, 17 Grad, 56 Prozent Luftfeuchtigkeit, das sei britisches Wetter, verkündete die Anzeigetafel im Stadion.

Schon im Halbfinale hatten es die Sprinter eilig, drei von ihnen waren schneller als 9,90 Sekunden, und bei Justin Gatlin hatte die Uhr am wenigsten zu tun und wurde am ehesten angehalten, der Amerikaner brauchte nur 9,82 Sekunden, Blake und Bolt kamen im Anschluss mit 9,85 und 9,87 Sekunden an. Rasante Zeiten, die dennoch leicht aussahen, der Zweifel, ob hier alles mit rechten Dingen zugeht, hängt weiterhin der Luft, wenn die schnellsten Männer der Welt laufen.

Die Grenze zwischen Sport und Show hat Usain Bolt ohnehin verwischen können. Vor dem Start legte er als Pantominen-DJ eine Platte auf. Dann rannte er in seinem eigenen Beat zum Gold.

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