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Sport: Solo für Gold

Olympiasiegerin war sie schon. Doch Katrin Rutschow-Stomporowski wollte den Sieg im Einer. Jetzt hat sie es geschafft

So ungefähr bei 600 Metern schoss Katrin RutschowStomporowski ein ziemlich befremdlicher Gedanke durch den Kopf: „Was ist denn hier los?“ Da zog Mirka Knapkowa, die Tschechin, stark an, die Weißrussin Ekaterina Karsten hatte auch eine enorm hohe Schlagzahl, und Katrin Rutschow-Stomporowski lag plötzlich nur auf Platz drei. Das durfte eigentlich nicht sein, sie ist die überragende Einer-Rudererin dieser Saison, sie hatte kein einziges Rennen in diesem Jahr verloren. Sollte ausgerechnet das olympische Finale die einzige Ausnahme sein?

Ein paar Minuten später folgte Entwarnung. Im Ziel gab es das übliche Rollenspiel: Katrin Rutschow-Stomporowski vom Ruderklub am Wannsee in Berlin schob sich mit klarem Vorsprung auf Karsten über die imaginäre Ziellinie und feierte ihren ersten Olympiasieg als Solistin. 1996 hatte sie bei den Spielen von Atlanta schon mit dem Doppelvierer Gold geholt, aber das war etwas anderes. Damals war sie 21, sie suchte ihren Platz in der Nationalmannschaft, sie wollte unbedingt Gold, und das ging nur in einem Mannschaftsboot. Aber Gold im Einer, das „ist etwas ganz Besonderes“. Allein hat sie dieses Gold gewonnen, sie war nicht auf die Mithilfe anderer angewiesen. „Das ist der Unterschied.“

Andererseits – wenn man es genau nimmt, ist das Gold eine Familienleistung. Bernhard Rutschow-Stomporowski, der Ehemann, hat daran auch seinen Anteil. Er lebt seit zwei Jahren in Zürich, weit weg von seiner Frau. Das ist sein Anteil am Gold. „Dadurch konnte sie sich ganz aufs Training konzentrieren“, sagt Bernhard Rutschow-Stomporowski. „Sie blieb in ihrem Rhythmus. Und sie hatte nur eine Erkältung in den vergangenen beiden Jahren.“ Der Rhythmus sah so aus: „Trainieren, ins Bett legen, erholen, essen“, sagt die Olympiasiegerin. „Sie ist vielleicht fünf oder sechs Mal in dieser Zeit später als halb neun am Abend ins Bett gegangen“, sagt ihr Mann.

Er war natürlich trotzdem präsent. „Ich konnte ihn Tag und Nacht anrufen, wenn ich Probleme hatte“, sagt die 29-Jährige. Es ging dann nicht nur um Privates. Bernhard Rutschow-Stomporowski spielte bei dem Projekt 0lympiasieg auch den Vermittler. Eine bedeutende Rolle, wie sich erweisen sollte. Er ist selber Rudertrainer, er versucht in Zürich, ein Schweizer Großboot für Olympia aufzubauen. Er ist also vom Fach, das war wichtig, wenn es zwischen seiner Frau und Jutta Lau, der Bundes- und Heimtrainerin, mal wieder heftig krachte. Katrin Rutschow-Stomporowski wechselte vor zwei Jahren zu ihr. Sie kam mit ihrem langjährigen Trainer nicht mehr klar, wollte sich weiter entwickeln. Aber sie war schon Olympiasiegerin und Weltmeisterin, sie war nicht bereit, von der Neuen einfach Direktiven entgegen zu nehmen.

Und so wurden manche Diskussionen zu unterschwelligen Machtkämpfen. In solchen Momenten musste Bernhard Rutschow-Stomporowski schlichten und moderieren. „Ich war der Mann dazwischen.“ Solche Gespräche fanden meist in Potsdam statt, wo Rutschow-Stomporowski trainiert. Meistens kam er, seine Frau fuhr selten in die Schweiz. Ab und zu machte sie einen kurzen Abstecher nach Zürich, wenn die Nationalmannschaft in der Schweiz ein Trainingslager hatte. „Wir haben uns nicht sehr häufig gesehen“, sagt die gelernte Designerin.

Das wird sich wohl ändern. Seine Frau zieht bald zu ihm in die Schweiz, sagt Bernhard Rutschow-Stomporowski. Mit der Karriere werde es wohl sowieso bald zu Ende sein. „2008 rudert sie mit Sicherheit nicht mehr.“ Die Gattin äußert sich da erheblich vorsichtiger. Sie will erst einmal Urlaub machen.

Auf jeden Fall aber hat Bernhard Rutschow-Stomporowski seinen Job als Friedensstifter gut erledigt. Kurz nach ihrem Sieg rief Katrin Rutschow-Stomporowski begeistert: „Ich möchte als erstes meiner Trainerin danken.“

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