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Sport: Später Spaß auf der Straße

Luminita Zaituc kam erst mit 32 zum Langstreckenlauf und ist jetzt die Nummer eins in Deutschland. Heute startet sie beim Halbmarathon in Berlin

Berlin - Ohrdruf war übel, eigentlich noch schlimmer als Burghaslach. In Ohrdruf, am 13. März 2005, hatten die Organisatoren auf der Strecke keinen Wendepunkt mit einigermaßen großem Radius. Stattdessen stand ein Ordner mitten auf der Straße, den die Läufer eng umkurven mussten. So stellt sich Luminita Zaituc keine deutsche Halbmarathon-Meisterschaft vor. Zu eng der Radius, zu groß die Möglichkeit, im Pulk zu stürzen, zu kraftraubend so ein Wendepunkt. Gut, sie hat das Rennen später gewonnen, aber das ändert nichts an dem Problem. In Burghaslach, zwei Jahre früher, hat sie auch gewonnen, es war ihr erster Titel bei deutschen Halbmarathon-Meisterschaften. Aber da musste sie übers flache Land laufen. Kaum Zuschauer neben der Strecke, keine Blumen, keine Kulisse, die Laune macht. Deshalb läuft die 36-Jährige so gerne heute in Berlin. Hier stehen Tausende an der Strecke beim Halbmarathon. „Man könnte doch deutsche Halbmarathon-Meisterschaften in einen großen Lauf integrieren wie den von Berlin zum Beispiel. Das würde den Spitzenläufern helfen und wäre auch für den Veranstalter interessant“, sagt sie. 2004 hat sie auch gewonnen. In Siegburg. Die Kulisse: mäßig.

Eigentlich hat die derzeit beste deutsche Straßenläuferin nur einen Trost: Sie hat diese Probleme noch gar nicht so lange. Seit dem Frühjahr 2001, genau gesagt. Seit diesem Zeitpunkt ist sie eine reine Straßenläuferin. Bis dahin war Luminita Zaituc in Stadien zu Hause oder in Hallen. Sie lief 1500 m, 3000 m, 5000 m. 17 Jahre lang war das so, dazwischen lagen ein paar Halbmarathon-Einsätze, aber das waren Ausnahmen. Luminita Zaituc fühlte sich dort schnell überfordert. Aber in der Halle wurde sie dreimal Deutsche Meisterin.

Als sie wechselte, als sie sich ganz für die Straße entschied, da war sie immerhin fast 32 Jahre alt. Aber sie wechselte nicht, weil sie auf der Bahn nicht mehr gut genug war. Luminita Zaituc, geboren in Rumänien, wechselte, weil sie mal auf Teneriffa neugierig war. Sie war im Jahr 2000 auf der Insel im Trainingslager, wie so oft. Und sie lief wieder mal auf diesem endlos langen Weg. Er führte vom Hotel scheinbar ins Nirgendwo, schnurgerade, inmitten der eintönigen Landschaft. Doch jetzt drehte Luminita Zaituc nicht irgendwann um, wie sonst immer, diesmal wollte sie wissen, wo diese Straße endet. Ein spontaner Entschluss. Ein ziemlich waghalsiger dazu. Sie hatte nichts zum Trinken dabei, ihr Freund und Trainer Dobre Dumitru fuhr auch nicht mit dem Fahrrad neben ihr her, die Sonne brannte, die Luft war trocken. Sie lief und lief und stieß irgendwann auf ein Hotel. Dort drehte sie um und lief zurück. 2:36 Stunden war sie unterwegs, sie hatte die Zeit genau gestoppt. Und als sie angekommen war, hatte sie nur einen Gedanken: „Ich möchte Marathonläuferin werden. Es hat unheimlich Spaß gemacht.“ Diesmal war alles anders. Sie fühlte sich nicht überfordert, sie hatte einfach nur viel Spaß.

Die Hallensaison nahm sie noch mit, als deutsche Vizemeisterin über 3000 m und Dritte über 1500 m, aber in Gedanken war sie längst bei den Straßenläufen. 2001 lief sie in Hamburg ihren ersten Marathon. Sie lief frei und unbeschwert, und sie lief auf Platz zwei. Und das war nur der Anfang. Sie wurde Deutsche Meisterin über zehn Kilometer, Deutsche Meisterin im Marathon, alles in ihrem Premierenjahr.

Natürlich redet sie auch über die Schmerzen. Aber Schmerzen gehören einfach dazu, Punkt. Alle Hochleistungssportler denken so. Und Luminita Zaituc hat schon früh gelernt, mit ziemlich großen Schmerzen umzugehen. Bis 1990 trainierte sie in Deva, einem Trainingszentrum in Rumänien. „Wir haben härter trainiert als viele Männer“, sagt sie. Trotzdem hatte für sie das Training mehr etwas Spielerisches. Sie trainierte in einer starken Gruppe, „da ist man häufig gegeneinander gelaufen. Es waren quasi Wettkämpfe, wenn wir gemeinsam gelaufen sind.“

Seit Dezember 1990 lebt sie in Deutschland, seit 1995 hat sie einen deutschen Pass. Die Sportsoldatin trainiert „völlig anders als in Rumänien“, aber sie hat trotzdem Erfolg. 2002 wurde sie Vize-Europameisterin in München, es war für sie der Beweis, dass er richtig war, der Wechsel auf die Straße. Jetzt also Berlin. Ihre Bestzeit steht bei 1:09,35 Stunden. Sie glaubt, dass sie eine neue Bestzeit laufen kann. Hauptsache, sagt Luminita Zaituc, Wetter und Atmosphäre stimmen. Beim Wetter muss sie hoffen. 20 Grad, das wäre schön. Um die Atmosphäre aber, da macht sie sich keine Gedanken.

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