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Sport: „Spandau hat zu wenig Klassespieler geholt“

Wasserballer Jens Pohlmann über seinen Wechsel zur SG Neukölln und Perspektiven seiner Sportart

Jens Pohlmann, Ihre Mitspieler im Wasserball-Nationalteam haben Sie Doktor genannt, wie kommen Sie zu der Ehre?

Das hat wohl damit zu tun, dass ich hier und da mal ein Buch gelesen habe.

Sie studieren Neue Deutsche Literatur und Philosophie. Sind Sie ein philosophierender Wasserballspieler oder eher ein Wasserball spielender Philosoph?

Beides. Ich versuche, mein Doppelleben in Einklang zu bringen. Ich denke, in den letzten zehn Jahren bin ich eher Wasserballspieler gewesen. Was aber die nächsten Jahre betrifft, versuche ich eher Literaturwissenschaftler oder Philosoph zu sein und weniger wasserballorientiert zu leben.

Sie haben Ihren Rücktritt aus dem Nationalteam erklärt. Sie waren eine der Leitfiguren der Mannschaft, die 2004 in Athen Fünfter wurde. Reizt Sie Peking nicht?

Doch, ich hätte sehr gerne in Peking mitgemacht, aber mit der Intensität, die die Nationalmannschaft fordert, und mit dem, was ich mir an der Universität vorgenommen habe, bin ich zu der Einschätzung gekommen, dass das nicht zu vereinbaren ist.

Daher haben Sie wohl auch den deutschen Rekordmeister Spandau 04 verlassen und sind zum weniger erfolgreichen Lokalrivalen SG Neukölln gewechselt?

Ich bin jetzt 28 Jahre alt, und für mich ist es wichtig, dieses Studium zu beenden und mich auf mein Leben nach dem Sport vorzubereiten. Und ich glaube, das geht bei der SG Neukölln ein kleines bisschen besser als bei den Wasserfreunden Spandau.

Sie haben zehn Jahre beim deutschen Rekordmeister gespielt. Haben Sie Wehmut, wenn Sie an diese Zeit zurückdenken?

Natürlich. Zehn Jahre sind eine unheimlich lange Zeit, und ich habe mich mit der Mannschaft intensiv identifiziert. Das war eine sehr schöne Zeit. Doch trotz der nationalen Erfolge muss ich sagen, ich hätte im Europacup gerne mehr erreicht.

Spandau hat in den vergangenen Jahren zwölfmal die Meisterschaft gewonnen. Vergangene Saison hat aber der SV Cannstatt im entscheidenden fünften Play-Off- Spiel Spandau besiegt.

Das war eine unangenehme Sache. Das hatte natürlich auch Gründe. Spandau ist trotz Meistertiteln hintereinander letztlich konsequent über die Jahre schwächer geworden. Für die abgewanderten Spieler hat der Verein keine Klassespieler nachgekauft.

Cannstatt fand trotz des Erfolges in der wirtschaftlich blühenden Region rund um Stuttgart keinen Sponsor. Es fehlen dem Verein 150 000 Euro, um weiter in der Bundesliga zu spielen. Im Vergleich zu anderen Sportarten ist diese Summe lächerlich.

Ja, das ist letztlich der Punkt, der mich besonders schmerzt. Eine Mannschaft schafft es, nach zwölf Jahren die Serie von Spandau 04 zu brechen. Trotzdem gibt es niemanden, der hilft. Das ist der Wahnsinn. Das zeigt, welchen Stellenwert diese Sportart in Deutschland hat.

Samstag hat die Bundesliga-Saison begonnen. Nun spielen dort statt zehn Teams 16. Was erwarten Sie von dieser Erneuerung?

Vor zehn Jahren habe ich davon geträumt, unter solchen Verhältnissen spielen zu können, wie es in italienischen oder spanischen Ligen üblich ist. Die Hoffnung, dass durch die Bundesligareform eine Riesenveränderung entsteht, habe ich nicht. Aber der Ansatz hat schon Sinn. Das ist ein Schritt in Richtung Professionalisierung.

Das Gespräch führte Peter Jacso.

Jens Pohlmann , 28 , wurde mit dem Wasserball-Nationalteam 2004 in Athen Fünfter. Er spielt nun bei der SG Neukölln, die gestern zum Bundesliga-Auftakt 15:5 gegen Bochum siegte.

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