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Bosque

© AFP

Spanien: Auf der Spur des Großschuhs

Spanien stellt den neuen Nationaltrainer Trainer del Bosque vor. Dass dieser gleich bei seinem ersten Auftritt mit der Frage nach der Nominierung zweier Madrider konfrontiert wird, liegt nicht nur an der Debattierfreude der spanischen Medien.

Die drängendste Frage umschiffte Vicente del Bosque elegant. Ob Raúl und Guti, die von Vorgänger Luis Aragonés verschmähten Real-Madrid-Stars, denn in seinem Projekt Platz hätten? Der frisch gekürte spanische Nationaltrainer lachte in seinen Schnauzbart, legte eine Kunstpause ein und sagte dann: „Über diese Frage habe ich noch nicht nachgedacht.“ Das war natürlich eine salomonische Lüge. In einem Land, in dem die Nichtnominierung der beiden Real-Madrid-Stars im Vorfeld der Europameisterschaft zur Gretchenfrage geworden war, hatte del Bosque mit ihr rechnen müssen, also schob er schnell hinterher: „Sie spielen in einem großen Klub und sind daher potenzielle Nationalspieler.“ Ansonsten sparte der 57-jährige Coach, der Spanien zur WM 2010 führen soll, nicht mit Lob für seinen Vorgänger: „Luis hat eine großartige Arbeit geleistet.“

Die Fußstapfen, in die der für seine Bescheidenheit und Zurückhaltung bekannte del Bosque tritt, sind groß – und das nicht, weil Luis Aragonés wegen seines Watschelganges auch den Spitznamen „Zapatones“, „Großschuh“ trägt. Denn trotz aller Spötteleien über sein kauziges Auftreten hat sich der „Alte“ mit dem jungen Nationalteam bestens verstanden. Wer nach dem Erfolgsgeheimnis des Europameisters fragt, wird daher nicht nur auf die internationale Erfahrung von Spielern wie Cesc Fabregas hingewiesen, sondern auch auf die gute Stimmung, das partnerschaftliche Miteinander. Meist folgt dann der Nachsatz: „Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass Raúl und seine Starallüren zu Hause blieben.“

Dass Vicente del Bosque nun gleich bei seinem ersten Auftritt in der Öffentlichkeit mit der Frage nach der Nominierung der beiden Madrider konfrontiert wurde, liegt nicht nur an der Debattierfreude der spanischen Medien. Vicente del Bosque gilt als eingefleischter „madridista“. Als Spieler wurde er mit Real Madrid fünfmal Spanischer Meister. Während seiner dreijährigen Amtszeit als Trainer holten die Königlichen zwei Meistertitel und zweimal hintereinander den Champions-League-Pokal. Das macht del Bosque zum Mythos für die einflussreiche Madrid-Fraktion – und spricht dennoch für seine Unbestechlichkeit. Denn wer aus Stars wie Zinedine Zidane, Luis Figo und Ronaldo eine Mannschaft formen kann und auch vor Kritik am großspurigen Ex-Real-Madrid-Präsidenten Florentino Pérez nicht zurückschreckt, lässt sich vom Bohei um Raúl und Guti schon gar nicht beeindrucken. Vicente del Bosque drückte es am Donnerstag eleganter aus: „Natürlich habe ich eine Madrider Vergangenheit, aber in erster Linie bin ich ein integrer Mensch.“

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