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Sport: Sparsam gewonnen

Stuttgart bezwingt auch Athen und schont sich für die Liga

Stuttgart. Felix Magath packte zusammen wie einer, dem nichts mehr zu tun bleibt. Wie ein Trainer, der geht und sich keine Vorwürfe wegen seiner Hinterlassenschaft machen muss. Liebevoll strich er seinen roten Schal glatt, er stellte den Unterteller und die Tasse seines Teesets akkurat aufeinander, schob die bunte Kombination in ihre Ausgangsposition und wunderte sich: „Bei uns ist die Mannschaft so weit, dass sie weiß, was zu tun ist“, sagte er nach dem 2:0 über Panathinaikos Athen, dem zweiten Sieg in der Champions League. Und: „Die Jungen sind bei uns schon so abgebrüht wie 30-Jährige.“ Selbst dem Mann, der im Zentrum dieses schwäbischen Fußballsturms steht, kommt die Entwicklung seines Teams vor wie eine Schwindel erregende Reise in einer Zeitmaschine.

Felix Magath geht natürlich nicht wirklich. Er bleibt – nur ist fraglich, ob über seinen Vertrag bis 2005 hinaus. Kapitän Zvonimir Soldo trat spät in dieser Nacht zu einem Bericht zur Lage der schwäbischen Fußballnation an. Aus einer Wunde an der rechten Oberlippe sickerten kleine Tröpfchen Blut. „Der Verein muss den Trainer halten. Er ist die halbe Mannschaft“, sagte der Kroate. „Der Verein muss die jungen Spieler halten, denn der VfB kann mit dieser Mannschaft auf Jahre hinaus in der Spitze spielen.“

In den Kneipen der Stadt aber staunten die Menschen über ihre Mannschaft, die sich auf Europas Fußballbühne etabliert, als sei es ihre leichteste Übung. Die Gaststätten verbuchten Rekordumsätze, in den griechischen Tavernen war kein Stuhl mehr frei, und die Fernseher liefen heiß. „Wir waren das erste Mal Favorit“, sagte Magath nach dieser Reifeprüfung zufrieden. Und Verteidiger Andreas Hinkel meinte: „Vielleicht hatten wir im Hinterkopf, dass noch harte Woche vor uns liegen.“

Er meinte nicht nur die nächsten Spiele gegen Wolfsburg, Athen und Manchester. Seit Monaten ringt ein ganzer Verein um Perspektiven und den weiteren Weg. Magath und die Spieler als Schmiede des Aufschwungs gegen die Fraktion der alten Vereinsmeier, die Angst haben vor zu viel Risiko. Seit Tagen hagelt es von Magath und den Spielern Appelle, doch endlich den Schritt zu tun und Vertrauen zu haben. Die Aussicht, das Achtelfinale fest im Visier zu haben, steigert nun die Chancen der Initiatoren der Euphorie.

Den zwei schnellen Toren von Imre Szabics und Zvonimir Soldo gegen einen völlig überforderten Gegner folgte ein kontrolliertes Spiel mit behutsamem Tempo. Der VfB als Langstreckenläufer, der vor sich und dem Zielstrich noch eine ganze Reihe von Hürden sieht. Es kam ein Sieg heraus, bei dem die Schwaben ohne Kraft und Energie zu vergeuden, die Ernte einfuhren.

Zu den rund 15 Millionen Euro für die Gruppenphase kämen im Achtelfinale noch einmal 1,7 Millionen Euro hinzu. Selten hat sich ein Verein in solchem Tempo saniert. Im Juli 2004 fallen auch die 24,5 Prozent der an den Vermarkter ISPR abgegebenen Rechte an den Klub zurück. Präsident Erwin Staudt bastelt an einer Kommanditgesellschaft auf Aktienbasis, in die die Lizenzspielerabteilung eingebettet werden soll. Alles zusammen sind dies ermunternde Signale. Jetzt müssen nur noch die Weichen dafür gestellt werden, die beiden Nationalspieler Kevin Kuranyi und Andreas Hinkel längerfristig an den Verein binden zu können. „Die Mannschaft muss zusammenbleiben, und wir müssen uns Jahr für Jahr weiter verstärken", forderte Soldo. Der Kapitän will nun abwarten, wie der interne Kampf im Verein endet, bevor er selbst ein weiteres Jahr verlängert. Damit steht er nicht alleine.

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