zum Hauptinhalt

Sport: Spaßfreie Zone

Misserfolg und Disharmonie plagen den VfL Wolfsburg vor dem Wiedersehen mit Felix Magath

Von Christian Otto

Sie versuchen es mit Händen, Füßen und in erstaunlich vielen Sprachen. Steve McClaren, der britische Cheftrainer des VfL Wolfsburg, will im Kampf um den nötigen Erfolg in der Fußball-Bundesliga nichts dem Zufall überlassen. Seine Kommandos auf Englisch übersetzt der Assistent und Kosmopolit Pierre Littbarski auf vielfältige Art. Die lauten Rufe von beiden Außenlinien des Trainingsplatzes ergänzt Achim Sarstedt, der zweite Kotrainer im Bunde, mit einfühlsamen Worten und Erklärungen auf einer Magnettafel. Dass die aus neun Nationen zusammengewürfelte Mannschaft aber noch keine gemeinsame Sprache spricht, zeigt der Blick auf die Tabelle. Das teure Ensemble steht auf Platz elf und hat die hohen Erwartungen bisher nicht erfüllt.

Es ist keine Überraschung, dass McClaren vor dem zwölften Spieltag, an dem seine Wolfsburger heute Schalke 04 empfangen, auf unangenehme Art und Weise mit Felix Magath verglichen wird. Auf dem Weg zur Meisterschaft des VfL im vergangenen Jahr hatte Magath einen Kasernenton perfektioniert, Medizinbälle und eine Trillerpfeife waren seinen wichtigsten Helfer im Alltag. „Ich habe hohen Respekt vor der Arbeit meines Vorgängers. Aber wir wollen gegen Schalke unbedingt gewinnen“, sagt McClaren. Die künstlich angelegte Trainingsanlage neben der VW-Arena – unter der Regie von Magath entstanden und Hügel des Leidens genannt – wird den Kampf gegen das Unkraut bald verlieren, weil sie nicht mehr genutzt wird. McClaren bietet anspruchsvolles Training an, bis ins letzte Detail vorbereitet. Aber der Lohn in Form von vorzeigbaren Ergebnissen lässt auf sich warten. „Wir arbeiten hier hart, müssen das Team aber noch aufbauen“, sagt der 49-Jährige.

Alt sind beim VfL Wolfsburg die großen Probleme in der Abwehr. Neu ist, dass mit Diego ein Regisseur eingekauft worden ist, dessen individuelle Klasse bisher noch größer ist als sein Nutzen für das Kollektiv. Zwar waren der Brasilianer, sein Landsmann Grafite und der Bosnier Edin Dzeko bisher an nahezu allen Wolfsburger Toren und Vorlagen beteiligt. Aber echter Teamgeist zeigt sich erst dann, wenn eine Mannschaft in Rückstand gerät und sich richtig wehrt. Die Wolfsburger jedoch, geraten in Rückstand und verlieren. Und wie harmonisch es beim VfL zugeht, hat in dieser Woche eine Rangelei im Training zwischen Diego und Sascha Riether gezeigt, für die beide mit einer Geldstrafe belegt worden sind. Die letzten Trainingseinheiten der Wolfsburger vor dem Wiedersehen mit Schalke kamen wie spaßfreie Arbeitstage daher – auch wenn Verteidiger Marcel Schäfer beteuerte, dass man sich gut verstehe.

Das Gute für McClaren ist, dass sein Vorgesetzter und sein Arbeitgeber eine gemeinsame Sprachregelung dafür gefunden haben, dass der VfL Wolfsburg bisher zu den großen Enttäuschungen der Bundesligasaison zählt. Dieter Hoeneß als Vorsitzender der Geschäftsführung und die Entscheidungsträger bei Volkswagen bemängeln das Erreichte, aber nicht das Engagement des Trainers. Dennoch muss McClaren abstellen, was sein treuer und in der Bundesliga erfahrener Helfer bemängelt. „Vor zwei Jahren waren die Spieler hier eine Einheit und sind füreinander gerannt. Man muss miteinander reden. Und man muss wissen, wie man miteinander spricht“, findet Littbarski. Mit seiner ausgleichenden Art versucht der frühere Dribbelkünstler und heutige Fußball-Dolmetscher, Missverständnissen vorzubeugen und Egoismen zu verscheuchen. Wie kompromissbereit Diego ist, das hat der Brasilianer kürzlich angedeutet, mit der Feststellung: „Ich bin jetzt 25 Jahre alt und werde meine Art nicht mehr ändern.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false