zum Hauptinhalt

Sport: Spiel mit dem großen Sport

Buchmacher bieten künftig Pferde- und Fußballwetten an

Berlin. Es ist nur ein Fetzen Papier. Derjenige, der das Papier ausfüllt und abgibt, folgt entweder der Mehrheit und kreuzt den Favoriten an oder folgt lieber der eigenen Intuition und setzt auf den Außenseiter. Dann beginnt das Rennen – und die Hoffnung auf das kleine Glück, auf den richtigen Tipp auf dem Wettschein. Er lässt den Sportfan zittern und jubeln, glücklich oder unglücklich sein. Es ist mehr als ein Fetzen Papier.

Während bei Pferderennen die Tippscheine schon wegen der schwankenden Kurse meist kurz vor dem Start abgegeben werden, werden Sportwetten – etwa auf Fußballspiele – oft schon Tage vor dem Ereignis gemacht. Sportwetten dürfen in Deutschland bislang nur beim staatlichen Lottounternehmen Oddset abgegeben werden – in Lottoläden oder im Internet. Doch das könnte sich jetzt ändern.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat das Wettmonopol der Bundesländer in dieser Woche für unwirksam erklärt. Bilsang nahm die öffentliche Hand in Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa – ein Monopol auf alle Lotterien für sich in Anspruch. Begründet wurde das mit dem Schutz des Verbrauchers. Doch da die Lottogesellschaften mehr und mehr für ihre Wetten werben, begehren vor allem die Buchmacher auf gegen dieses Exklusivrecht auf Wettvermittlung. Das Gericht in Kassel gab nun der Argumentation der Monopolgegner Recht. Zunächst nur für Hessen, doch das Verfahren dürfte beispielgebend für alle Bundesländer werden. Das Gesetz widerspreche geltendem EU-Recht, stellte das Gericht fest. Der Europäische Gerichtshof hatte im November vergangenen Jahres erklärt, dass ein staatliches Monopol auf Sportwetten die Dienstleistungsfreiheit ausländischer Unternehmen einschränken würde.

Die deutschen Buchmacher hoffen nun, von diesem Urteil zu profitieren. Bislang durften sie im Gegensatz zu den englischen Buchmachern offiziell nur Pferdewetten anbieten. Denn Wetten auf Pferde lizenziert traditionell nicht der Staat. Diese Wetten liegen in der Hand der beiden Dachverbände der Traber und Galopper. Diese hatten sich schon vor Jahren mit den Buchmachern über die Wettvermittlung geeinigt.

Doch auch wenn die Buchmacher nun auf eine Lockerung hoffen dürfen, wird ihnen die neue Rechtsauslegung nicht in jedem Fall auch das große Geld bringen. „Dann werden die Länder eben die Steuern auf die Sportwetten erhöhen“, prognostiziert Günter Gudert. Der Geschäftsführer der Wettannahmestellen der Deutschen Galopper- und Trabrennvereine fürchtet, dass besteuerte Wetten für die nichtstaatlichen Anbieter unattraktiver werden könnten. Gudert, der auch Geschäftsführer der Galopprennbahn Hamburg ist, glaubt allerdings immerhin an einen positiven Effekt für die Pferdewetten, wenn in den Läden der Buchmacher zusätzlich das Glücksspiel mit Fußball und anderen attraktiven Sportarten angeboten werden kann. Gudert hofft: „Damit kommt eine neue Klientel zu Pferdewetten, die vorher noch nie bei einem Buchmacher war.“

Dass beide Wettarten nebeneinander funktionieren, zeigt sich in den Läden von Bernd Hobiger. Der Besitzer des „Goldesel“ darf als einer von drei Buchmachern in ganz Deutschland schon seit mehreren Jahren Sportwetten anbieten. Eine Lücke im Gesetz verhalf Hobinger zu diesem strategischen Vorteil. Er besaß schon in der DDR eine Buchmacherlizenz für Pferderennen und holte sich in der Übergangszeit der Wiedervereinigung eine Konzession für Sportwetten vom Rat der Stadt Berlin. Eine kleine Sensation, denn Sportwetten waren sowohl im Osten als auch im Westen illegal. Sie sind es mit Ausnahme von Oddset noch heute. Doch das dürfte sich nach dem hessischen Urteil nun schnell in vielen Buchmacherläden ändern.

Ingo Wolff

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false