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Sport: Spielen, schießen, siegen

Birgit Prinz, Deutschlands Fußballerin des Jahres, steht im Finale der US-Profiliga und ist für das All-Star-Team nominiert

Von Helen Ruwald

Berlin. Als Birgit Prinz ihre Stimme für die wertvollste Fußballerin der nordamerikanischen Profiliga abgeben sollte, kniff sie. „Nach drei Monaten bin ich noch nicht in der Lage, das zu beurteilen, und nur nach Sympathie wollte ich nicht gehen“, sagt die 24-Jährige, die seit Juni für Carolina Courage stürmt. Der MVP (most valuable player) wird gleichermaßen von Spielerinnen, Trainern und Journalisten gewählt. Und die hatten keine Probleme, ihr Urteil über die Deutsche schon nach so kurzer Zeit zu fällen: Und so fand sich Birgit Prinz, die 12 Tore in 16 Spielen schoss, im Kreis der besten drei Fußballerinnen der Saison wieder, gemeinsam mit ihrer Mannschaftskameradin, der norwegischen Spielmacherin Hege Riise, und Marinette Pichon (Philadelphia).

Der Titel ging zwar an die Französin, doch schon das Erreichen der Endauswahl, das gleichbedeutend mit der Berufung in das All-Star-Team ist, fand Prinz „ziemlich cool und ziemlich überraschend, wo ich doch ein Drittel der Saison verpasst habe“. Mitte April, zum Ligaauftakt, spielte Prinz noch für den 1. FFC Frankfurt und führte die Mannschaft bis zu ihrem Abflug zu Meisterschaft, Pokalgewinn und dem Sieg im Uefa-Cup. Sie spielte, schoss und siegte – und so ging es auch in den USA weiter: Mit Carolina Courage, das die vergangene Saison als Tabellenletzter beendet hatte, steht Deutschlands Fußballerin des Jahres heute in Atlanta im Finale um die US-Meisterschaft. Gegner ist Washington Freedom, das Team von Amerikas Star Mia Hamm – und der deutschen Nationalspielerin Steffi Jones, die mit Prinz im Mai mit dem 1. FFC Frankfurt den Uefa-Cup holte. Die vor zwei Jahren gegründete US-Liga Wusa (Women’s United Soccer Association) gilt als stärkste der Welt, vor allem auch wegen der ausländischen Spitzenspielerinnen. Sie spielen in den USA als vergleichsweise gut bezahlte Profis und müssen sich nicht wie in ihren Heimatländern zwischen Training und Beruf aufreiben. Fußball ist in Amerika bei Mädchen und Frauen extrem populär, populärer als bei Männern. Zu Spielen kommen nicht 500 Zuschauer wie in Deutschland, sondern 5000. Mindestens.

„Ein nettes Leben“, sagt Prinz, „wir trainieren nur ein bisschen mehr als in Frankfurt.“ Statt als Physiotherapeutin zu arbeiten, „bleibt Zeit, zusätzlich etwas zu tun“. Dabei denkt Prinz nicht etwa an Faulenzen und Kino, sondern an freiwillige Sonderschichten auf dem Trainingsplatz, „da kann man eine Runde schießen gehen und an Dingen arbeiten, die nicht so gehen. Da gibt es genug“. Diese Bescheidenheit sei typisch für Birgit Prinz, sagt ihre Frankfurter Trainerin Monika Staab, „Birgit ist weltweit eine Ausnahmespielerin. Ich kenne keine, die einen so ausgeprägten Siegeswillen und so ein Durchsetzungsvermögen hat.“

43 Tore hat sie in 94 Länderspielen geschossen, ist Europameisterin, Vizeweltmeisterin und hat bei Olympia 2000 in Sydney Bronze geholt. Doch vor ihrem Umzug nach Cary, eine 100 000-Einwohner-Stadt in North Carolina, hatte die Weltklassespielerin genauso viel Bammel wie jeder andere vor einem Auslandsaufenthalt. „Ich kannte niemanden und wusste nicht, wie es mit meinem Schulenglisch laufen würde.“ Mit zwei Kolleginnen wohnt sie nun in einer WG, das Vokabelheft hat Prinz längst abgeschafft, Krimis liest sie nur noch auf Englisch.

Die größten Unterschiede zur Bundesliga? „Athletik und Schnelligkeit sind viel wichtiger, es wird nicht so viel auf Technik gesetzt“, erzählt Prinz. „Auf der Straße sprechen mich die Leute an, und es gibt 1001 Kabelprogramme, auf einem davon kommen unsere Spiele live.“ Wenig begeistert ist sie allenfalls, wenn sie bei einem von Courages Fußballcamps auf ein kleines Mädchen trifft, das nicht weiß, wie man gegen den Ball tritt. Das macht Prinz, der Ehrgeizigen, zu schaffen. Schlimmer noch wäre eine Niederlage heute gegen Washington. „Birgit kennt nur Siege, sie ist schon stinkig, wenn sie einen Fehlpass macht“, sagt Monika Staab.

Bis zur Vorbereitung auf die neue Wusa-Saison im Februar wird Birgit Prinz wieder mit Frankfurt in der Bundesliga antreten. Fünf Monate ohne Fußball – das wäre ja nicht auszuhalten.

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