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Sport: Spielen statt sitzen

Warum Schaffartzik heute gegen Alba aufläuft

Berlin - Die Max-Schmeling-Halle kennt Heiko Schaffartzik nur zu gut. „Ich gehe zu Alba, seit ich drei Jahre alt bin“, sagt der 21-Jährige. Damals spielte der Verein noch in der Sömmeringhalle in Charlottenburg, doch auch die aktuelle Halle am Prenzlauer Berg hat er sehr oft betreten. Nicht nur als Fan, der Berliner hat dort sogar bereits für Alba Berlin gespielt. „Vielleicht ein oder zwei Minuten“, glaubt der Basketball-Profi, genauer weiß er es nicht mehr. So kurz jedenfalls, dass er eines für das heutige Bundesliga-Spiel von Alba Berlin (19.30 Uhr) mit Gewissheit ankündigen kann: „Das wird eine neue persönliche Bestmarke für mich in der Max-Schmeling-Halle.“ Er spielt für die Gießen 46ers.

Heiko Schaffartzik stammt aus dem Nachwuchsprogramm von Alba Berlin. Bis zum Sommer spielte er beim Kooperationspartner TuS Lichterfelde, dann wechselte er nach Gießen. Er ging damit jenen Weg, den zuletzt fast alle talentierten Nachwuchsbasketballer aus dem Programm von Alba Berlin gingen: fort. Misan Nikagbatse, Jan Jagla, Edwin Ofori-Attah, Jimmy James, Raed Mostafa (siehe Kasten) haben diesen Schritt schon vor ihm gemacht. Guido Grünheid ist der einzige Spieler aus dem Nachwuchs der letzten Jahre, der im aktuellen Kader von Alba Berlin steht.

Die Zeiten scheinen längst vergangen, als noch die Berliner Ademola Okulaja, Jörg Lütcke, Marco Pesic, Stipo Papic oder Mithat Demirel den Sprung zu Alba schafften. Inzwischen stehen nur noch drei Deutsche im Kader der Berliner. „Es ist für junge Spieler generell schwer, bei Alba zu spielen“, sagt Heiko Schaffartzik. Als Beispiel nennt Nationalspieler Stefano Garris, der erst in diesem Jahr in der Startformation steht. „Er musste acht Jahre lang warten“, sagt Schaffartzik, „viele junge Spieler sehen nicht ein, warum sie bei Alba auf der Bank sitzen sollen.“

Er hatte vor dieser Saison ein Gespräch mit dem damaligen Alba-Trainer Emir Mutapcic. Dieser wollte ihn als Doppellizenzspieler für den Regionalligisten TuS Lichterfelde. Bei Alba stellte er ihm die Rolle hinter den beiden erfahrenen Aufbauspielern Gerald Brown und Mithat Demirel in Aussicht. „Ich wäre praktisch der junge Litauer gewesen“, sagt Schaffartzik. Also dritte Wahl. Der 19-jährige Martynas Mazeika spielte für Alba in dieser Saison in der Bundesliga in fünf Spielen insgesamt 17 Minuten. Das übertrifft Schaffartzik in Gießen in jedem Spiel. „Ich bin hier fester Bestandteil der Rotation.“ Albas aktueller Trainer Henrik Rödl sagt: „Er hat dort einen Sprung nach oben gemacht.“

Auch ihm ist aufgefallen, dass sein Klub die jungen Spieler nicht mehr halten kann. Oder will. „Für manchen Spieler ist eine Luftveränderung vielleicht besser“, sagt Rödl. Allgemein genügt der aktuelle Nachwuchs in Deutschland den hohen Ansprüchen von Alba nicht. „Es gab in diesen Jahrgängen nicht viele sehr gute Spieler“, sagt Rödl. Die Verantwortlichen von Alba führen oft auch die veränderte Mentalität der aktuellen Spielergeneration an, die frühzeitig auf Agenten vertraut und nicht mehr bereit ist, sich für wenig Geld auf die Bank zu setzen und geduldig in die eigene Ausbildung zu investieren. Rödl gibt aber auch zu: „Vielleicht haben wir auch einige Fehler gemacht.“ Inzwischen überlegt der Verein, die Strukturen zu ändern. Wie Präsident Dieter Hauert erzählte, plant Alba, den Jugendbereich im Verein einzugliedern. Bisher bildete der Klub seinen Nachwuchs beim TuS Lichterfelde aus, unter dem Namen Alba traten lediglich die Minis und die Rollstuhl-Basketballer an.

Rödl sagt jedoch auch: „Ich bin weiterhin überzeugt von unserem Jugendprogramm.“ Es ist so gut, dass der 34-Jährige heute in seinem ersten Heimspiel als Trainer von Alba Berlin gleich einen Berliner auf dem Spielfeld sehen wird. Allerdings auf der falschen Seite.

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